Kategorie: Europa

Russlands Oligarchie bläst zum Angriff gegen die Arbeiterklasse

In Russland haben Anfang September erneut einige zehntausend Menschen gegen die geplante und von Präsident Wladimir Putin verteidigte Rentenpläne demonstriert.


Die größte Kundgebung fand in Moskau statt, wo etwa 10.000 Menschen einem Aufruf der Kommunistischen Partei (KPRF) gefolgt waren. In Russland wird durch eine Rentenreform das Renteneintrittsalter für Männer von 60 auf 65 Jahre und für Frauen von 55 auf 63 Jahre angehoben. Dabei müssen wir uns vor Augen führen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer in Russland bei 67 Jahren liegt. Während die Herrschenden Patriotismus predigen, pressen sie diejenigen von denen sie Patriotismus verlangen bis aufs Blut aus, um sie dann direkt in einer Holzkiste zu entsorgen.

Die Restauration des Kapitalismus in Russland ab Ende der 1980er Jahre hat der Arbeiterklasse keine besseren Lebensverhältnisse beschert. Im Gegenteil haben Millionen hochqualifizierter Arbeiterinnen und Arbeiter keine ihrer Ausbildung entsprechende Arbeit bekommen. Die Wirtschaft und mit ihr die Nachfrage nach Universitätsabsolventen, Technikern und jungen Spezialisten brach ein. Fast eine gesamte Generation wurde zu meist niedrigqualifizierter und manueller Arbeit verdammt. Sie haben sich zerschunden und erhalten eine völlig unzureichende medizinische Versorgung. Lediglich 5% aller russischen Bürger haben ein monatliches Einkommen ab 80.000 Rubel (1038€), die meisten verdienen weniger. Die Lebenserwartung für 13% der 1959 geborenen Männer liegt bei 60 - 65 Jahren, wie das Demografische Institut NRU HSE (National Research University – Higher School of Economics) darlegt – diese haben keine Aussicht, in Rente zu gehen.

Die erbärmlichen Lebensverhältnisse veranschaulicht ein Bericht eines Bekannten, der im Osten Russlands arbeitet und vor einigen Monaten einen Arbeitsunfall erlitt. Er erhielt keine seiner Verletzung entsprechende Behandlung. Erst als die Wunde an seiner Hand sich so stark entzündete, dass umgehend gehandelt werden musst, wurde er gebeten eigenständig in ein 200 Kilometer entferntes Krankenhaus zu fahren um dort operiert zu werden. Letzten Endes musste ihm ein Finger amputiert werden.

Dem gegenüber hat sich die stalinistische Bürokratie bereichert, in einer brutalen Phase der Privatisierung der staatlichen Wirtschaft die Produktionsmittel in ihr Privateigentum verwandelt und sich damit in Kapitalisten verwandelt. Heute wird der russische Staat von einer parasitären und räuberischen Oligarchie regiert, mit dem Bonapartisten Putin an der Spitze. Die Oligarchie und der Staatsapparat nutzen die Profite weder für Reinvestitionen in die Wirtschaft noch für den Ausbau von Bildung, medizinischer Versorgung oder Infrastruktur. Stattdessen werden Milliarden offshore versteckt oder in Luxusbauten außerhalb Russlands gesteckt. Das lässt sich zum Beispiel daran zeigen, dass in den Jahren von 2000 bis 2016 die Anzahl der allgemeinbildenden Schulen von 68.100 auf 42.600 gesunken ist.

Im Vorfeld der diesjährigen Präsidentschaftswahlen verkündete Putin, dass eine Anhebung des Rentenalters nicht anstehe. Nachdem seine Wiederwahl, mithilfe massiver nationalistischer, islamophober und regierungstreuer Pro-Putin-Propaganda aller bedeutenden Massenmedien gesichert war, machte er eine 180-Grad-Wende. Im Zuge der Fußball-WM wurden die Mehrwertsteuer und das Renteneintrittsalter angehoben – beides Maßnahmen, die einen direkten Angriff auf den Lebensstandard der arbeitenden Klasse darstellen. Diese nun 28 Jahre andauernde Plünderung der Arbeiterklasse in Russland, nimmt also erneut Fahrt auf. Dabei stoßen die Herrschenden jedoch auf Gegenwind.

So verwundert es nicht, dass im Zuge der Ankündigung der Reform die Beliebtheitswerte des scheinbar ewig währenden Putin um 20% einbrachen, um dann ab einem Niveau von etwa 60% nicht mehr publiziert zu werden. Dies zeigt wie fragil dieses äußerlich unzerstörbar erscheinende Regime tatsächlich ist. Sobald die soziale Frage auf den Plan tritt, äußert sich der angestaute Hass der Arbeiterklasse und richtet sich direkt gegen ihre Ausbeuter und Unterdrücker.

Dies zeigen auch Ergebnis verschiedener Meinungsforschungsinstitute in Russland. 2016 bevorzugten 52% der Befragten eine Planwirtschaft gegenüber der Marktwirtschaft, wogegen lediglich 1 - 3% harte Verfechter des Kapitalismus sind.

In Folge der Rentenreform formierten sich Proteste und Tausende gingen auf die Straßen. Weitere Proteste werden vorbereitet. Möglicherweise kündigt sich in Russland ein heißer Herbst an. Unsere Aufgabe wird es sein über die Kämpfe unserer Klassenschwestern und -brüder in Russland zu berichten und sie solidarisch im Kampf gegen die Oligarchie zu unterstützen.

Putin und die Oligarchie stürzen, Sozialismus erkämpfen!

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