Kategorie: DIE LINKE

Karl Marx in die Staatskanzlei?

Nach 24 Jahren CDU-Herrschaft erhoffen sich viele Menschen in Thüringen einen sozialen „Politikwechsel“. Eine Abwahl der CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht wäre sicher ein Fortschritt und Signal für Arbeitende und Arbeitslose, Jugendliche und Rentner, dass sich etwas ändern kann. So fordert ein Appell namhafter Gewerkschafter von „Rot-Rot-Grün“ eine Politik für „gute Arbeit“, ein Arbeitsmarktprogramm für ältere Arbeitslose, Verzicht auf Privatisierungen, gesetzlichen Bildungsurlaub und ein Azubi-Ticket.


Eltern, Schüler, Studierende und Lehrkräfte erwarten deutlich mehr Mittel für KiTas, Schulen und Hochschulen. Kleinere Verbesserungen zeichnen sich ab. So wollen die drei Parteien das Landeserziehungsgeld abschaffen und damit ein kostenloses KiTa-Jahr finanzieren.

Erstes offensichtliches Problem: Die angestrebte Drei-Parteien-Koalition stützt sich im Landtag nur auf eine Mehrheit von einer Stimme. Noch 2009 hatten die in der Tradition der Arbeiterbewegung stehenden Parteien LINKE und SPD zusammen eine knappe Mehrheit von 45 der 88 Mandate. Jetzt sind sie dafür auf die sechs Abgeordneten der (liberalen) Grünen angewiesen. Bei 52,7 Prozent Wahlbeteiligung kein großartiger Auftrag für „Rot-Rot-Grün“.

Rote Socken 2.0 

Die Aussicht, dass mit Bodo Ramelow ein LINKER die Regierung führen könnte, behagt konservativen, kapitalistischen Eliten nicht. So warnte CDU-Kanzlerin Merkel im Sinne alter „Rote Socken“-Kampagnen vor „Karl Marx in der Staatskanzlei“. Für den Chef der Erfurter Industrie- und Handelskammer (IHK) ist es eine „Ironie der Geschichte, wenn diskutiert wird, ob die Nachfolgepartei der SED den Ministerpräsidenten stellen soll.“ Die Herrschenden wurden 24 Jahre von ihrer CDU bedient, finden sich nur widerwillig mit einem Regierungswechsel ab und würden linke Politik sabotieren.

Der Druck ist spürbar. Er manifestiert sich in ersten Absprachen und „Sachzwängen“. Zwar ist DIE LINKE mit ihren 28,2 Prozent mit Abstand stärker als SPD und Grüne zusammen (18,1 Prozent), doch in wichtigen Fragen könnten bald die schwächsten Glieder der Kette die Linie vorgeben und somit „der Schwanz mit dem Hund wedeln“. Obwohl Enthüllungen über die dubiose Rolle des Verfassungsschutzes bei der Mordserie der Thüringer Terrorbande „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) nach einem radikalen Bruch mit diesen Strukturen schreien, kippte die SPD in den Sondierungen die berechtigte linke Forderung nach Abschaffung des Landesamts für Verfassungsschutz. Nun soll lediglich auf den Einsatz von „V-Leuten“ verzichtet werden. Dies schließt nicht aus, dass bei einer nationalen „Terrorwarnung“ der Bund das Land unter Druck setzt, „V-Leute“ einzusetzen. Die Grünen wiederum boxten mehr Geld für Privatschulen durch, damit die Kinder elitärer Kreise getrennt von den proletarischen „Schmuddelkindern“ lernen können.

„Schuldenbremse“ 

Die Finanzierung vieler Reformen steht faktisch unter dem Vorbehalt der im Grundgesetz und im Thüringer Haushaltsgesetz verankerten „Schuldenbremse“ mit dem Zwang zu Ausgabenkürzungen. Ein drohender Wirtschaftsabschwung verstärkt den finanziellen Druck. Dabei ist die Staatsverschuldung Ausdruck der massiven Umverteilung von Unten nach Oben und einer Steuerpolitik zugunsten des Kapitals. „Wir können kein Geld ausgeben, das wir nicht haben“, sagt Bodo Ramelow. Wer jedoch das Diktat der Schuldenbremse als Grundlage für fünf Jahre Regierung hinnimmt, steckt in der Falle.

Die Erfahrungen mit dem NSU und der schikanöse Umgang von Landesbehörden mit hoch verschuldeten Kommunen zeigen, dass im Freistaat Thüringen seit 1990 West-Beamte einen reaktionären Verwaltungsapparat aufgebaut haben, der ein Eigenleben führt und einer linken Regierung das Leben schwer machen würde. „Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann“, so Karl Marx nach der Pariser Kommune 1871.

Auch in der Debatte über den Begriff „Unrechtsstaat DDR“ im Koalitionsvertrag manifestiert sich ideologischer Druck von Eliten, die DIE LINKE dem „heiligen“ kapitalistischen Privateigentum unterordnen wollen und selbst wenig mit Rechtsstaatlichkeit am Hut hatten und haben.

Thüringens linke „Arbeiterregierungen“ von 1921 bis 1923 waren reaktionären Kräften und Kapitalisten ein Dorn im Auge. Im Oktober 1923 besiegelte die Reichswehr in Thüringen den Sturz der Regierung. Die Nazis saßen hier vor 1933 in der Landesregierung, das frühere KZ Buchenwald liegt mitten in Thüringen. Trotz solcher Fakten wurde ein Antrag auf Bildung einer Kommission zur historischen Aufarbeitung des Unrechts in DDR, BRD und ganz Deutschland vom LINKE-Landesparteitag im Oktober 2014 mehrheitlich abgelehnt! „Ihr macht die Partei kaputt und provoziert, dass die SPD abspringt“, hält man kritischen Parteimitgliedern entgegen.  Viele halten daher den Mund. Ein Aufbruch sieht anders auf.

Was nun? 

Die Thüringer LINKE ist gegenüber SPD und Grünen in einer strategisch günstigen Position. Sie darf nicht um Regierungsposten willen den vermeintlichen „Sachzwängen“ und dem Druck des Kapitals nachgeben und faule Kompromisse eingehen.

Sonst verunsichert und demoralisiert sie die eigene linke Basis und handelt sich künftige Niederlagen ein. CDU wie AfD wären der lachende Dritte. DIE LINKE muss fest bleiben und sich jetzt als politische Alternative stärken, die den Kapitalismus nicht nur sozialer gestalten, sondern überwinden will.

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