Kategorie: Ökologie

Profitstreben schadet Mensch und Umwelt und verleitet zu einem unachtsamen Umgang mit Gefahrstoffen

Mitte August ist die Bevölkerung im Rheingau knapp an einer größeren Katastrophe vorbeigeschrammt. Auslöser für den Alarm und die Evakuierungsanordnungen für die Anwohner war ein Giftgasunglück bei der Firma Koepp Schaum GmbH in Oestrich-Winkel. Bei der Produktion von Verpackungs-Schaumstoff war der Gefahrstoff Toluylendiisocyanat ausgetreten. Nun geht es um eine konsequente Aufarbeitung des Giftgasunglücks. Eines ist klar geworden: Im Kapitalismus zählt der Profit, nicht die Sicherheit von Beschäftigten und Bevölkerung


Nach Ansicht von Karl-Heinz Bäuml, Kreisvorsitzender der LINKEN im Rheingau-Taunus-Kreis, belegt das Unglück ein Versagen der Arbeitsschutz- und Umweltschutzpolitik. Zwar sei „höchst erfreulich, dass den Beschäftigten der Firma Koepp Schaum GmbH in Oestrich-Winkel und den Bewohnern der Region eine größere und weitreichende Katastrophe in Folge des jüngsten Giftgasunglücks erspart geblieben ist“, sagt Bäuml. Dazu hätten viele Helfer von Katastrophenschutz, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Polizei und vor allem Werksangehörige beigetragen, „die mit ihrem schnellen und umsichtigen Einsatz sicher Schlimmeres verhinderten und dabei auch eine Gefährdung ihrer Gesundheit in Kauf nahmen“.

Doch gleichzeitig müssten jetzt viele Fragen aufgearbeitet und politische Konsequenzen aus dem Unglück gezogen werden, verlangt Karl-Heinz Bäuml, von Haus aus Ingenieur und Chemie-Sicherheitsfachkraft. So konnten die Anwohner über die vom Unglück ausgehenden gesundheitlichen Gefahren und Schäden für die Umwelt nur spekulieren, weil sie sehr schlecht informiert waren. Dazu kam das lange Alarmierungswirrwar mit einer rasanten Folge von Evakuierungsanordnung, Entwarnung, ABC-Sirenen-Alarm und erneuter Entwarnung.

Ein Vorwurf Bäumls: „Es bleibt offen, warum Bürgermeister Paul Weimann (CDU) bereits fünf Minuten nach dem Vorfall über Art, chemische Reaktionen und Zersetzungsprodukte von Toluylendiisocyanat bescheid wusste, gleichzeitig jedoch Feuerwehrleute ohne die notwendige Schutzausrüstung der Giftgasgefahr ausgesetzt und verletzt wurden. Schließlich verlangt die Gefahrstoffverordnung konkrete Alarm-Gefahren-Abwehrpläne mit genauer Nennung möglicher Gefahrstoffe und Schutzmaßnahmen Hätte man daraus nicht auch die Pflicht zum Tragen von Atemschutz ableiten können?“

Besorgniserregend seien auch Medienberichte über ein unsachgemäßes Vorgehen von Beschäftigten einer Fremdfirma, die irrtümlicherweise eine Kühlwasserleitung an den Toluylendiisocyanat-Behälter angeschlossen haben und damit die heftige Reaktion ausgelöst haben könnten.
Dies werfe viele Fragen auf, die von der Firma Koepp und den Aufsichtsbehörden rasch beantwortet werden müssten, denn viel deute darauf hin, dass eventuell nicht sicher und korrekt gearbeitet wurde und die Havarie auch eine Folge von Arbeitsverdichtung, Personalabbau und mangelhafter Schulung sein könnte:

  • War den Verantwortlichen das Tun der Fremdfirma nicht bekannt?
  • Gab es die vorgeschrieben Sicherheitsunterweisungen auch für Arbeiter von Fremdfirmen, eine Arbeitsfreigabe durch einen Vorgesetzten und einen Sicherheitskoordinator für die Wartungsarbeiten?
  • Waren die Rohrleitungen gekennzeichnet?

Somit verstärke sich der Verdacht, dass Kostendruck auch in der Chemiebranche den Einsatz von Leiharbeitern und Fremdfirmen für gefährliche Arbeiten fördere und einen unachtsamen Umgang mit Gefahrstoffen und rücksichtslosen Einsatz der menschlichen Arbeitskraft bedinge. Für das Profitstreben des Unternehmens zahlen Arbeiter, Rettungskräfte und Anwohner mit ihrer Gesundheit. Der materielle Schaden wird über Industrie-Versicherer abgewickelt, die Versicherungskonzerne gleichen diese Verluste mit höheren Prämien anderswo wieder aus.

Die von örtlichen Grünen geforderte Betriebsschließung lehnt DIE LINKE ab. „So leichtfertig geht man nicht mit Arbeitsplätzen um. Statt über Deindustrialisierung sollten wir über Konversion und alternative, umweltfreundliche Produkte sprechen“, sagt Bäuml. Allerdings müsse Koepp auch seiner Fürsorgepflicht gegenüber der eigenen Belegschaft nachkommen und den Arbeitsschutz verbessern. Dazu gehörten Investitionen in den modernsten Stand der Technik. Gefährliche Anlagenteile müssten mit einer doppelwandigen, gasdichten Umhausung versehen werden, damit die Abluft auch bei eventuellen Austritten von Blausäure gereinigt werden kann.

„Was ist für die Gesellschaft billiger, gesünder und umweltschonender – eine gasdichte Umhausung oder ein mehrtägiger Einsatz von bis zu 400 Katastrophenhelfern bei bleibendem hohen Risiko für Mitarbeiter, Rettungskräfte und Anwohnern, ganz zu schweigen von hohen Folgekosten für Versicherungen und Berufsgenossenschaft etwa durch Entschädigungen oder lebenslange Erwerbsminderungsrenten für kranke Mitarbeiter oder Anwohner?“, fragt Bäuml.
Schließlich seien auch die zuständigen Behörden gefordert, intensivere Prüfungen und Kontrollen vorzunehmen. Sie müssten dazu wieder besser ausgestattet und mit klareren Befugnissen versehen werden. Diese Stellen sind in den letzten Jahren personell so ausgedünnt worden, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr ausreichend erfüllen könnten.

Laut Gesetz muss der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilung und die Umsetzung der Ergebnisse selbst durchführen. Damit werden die Kontrollaufgaben und Hoheitsrechte der Behörden und Berufsgenossenschaften eingeschränkt. Solche Zustände verleiten im Zusammenspiel mit Kostendruck, Personalabbau und der Angst von Beschäftigten vor einer Kündigung zu einem nachlässigen Umgang mit Sicherheits- und Umweltfragen im Betriebsalltag. Mit solchen Zuständen vergleichbar wäre es, wenn der TÜV faktisch aufgelöst würde und die Halter alter Autos nach eigenem Ermessen selbst die TÜV-Prüfung vornehmen dürften.

Unser Fazit: Der Kapitalismus mit seinen unvermeidlichen Begleiterscheinungen Ausbeutung, Lohndrückerei und Arbeitshetze ist lebensgefährlich. Wenn die Eigentümer von Industriebetrieben keinen hohen Gesundheitsschutz und Sicherheit für die Beschäftigten und Anwohner gewährleisten können und aus Profitgründen sparen und schummeln, dann müssen die Betriebe in öffentliches Eigentum überführt und demokratisch von Beschäftigten, Gewerkschaften und Umweltfachleuten kontrolliert werden.

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