Kategorie: Kapital und Arbeit

Gewerkschaftsdruckerei Alpha Print Medien in Darmstadt: Kein Verkauf an Heuschrecken!

Anfang September legte ein Warnstreik bei der Darmstädter Gewerkschaftsdruckerei Alpha Print Medien AG (apm) zwei Tage lang die Produktion lahm. Die Belegschaft forderte die Zahlung der ausstehenden Löhne, die Sicherung der Arbeitsplätze sowie die Fortführung des begonnenen Sanierungsprozesses.

 


Zum Warnstreik hatte die Gewerkschaft ver.di aufgerufen. Zuvor hatten rund 100 apm-Beschäftigte vor der Frankfurter Zentrale der Bahngewerkschaft Transnet protestiert, nachdem die Zahlung des von Transnet im Juni zugesagten Betrags zur Sanierung des Betriebs ausgeblieben war. Als nach zwei Tagen die Löhne auf die Konten der apm-Arbeiter überwiesen wurden, beschloss eine Streikversammlung den Abbruch des Warnstreiks.
Die apm ist aus der ehemaligen gewerkschaftseigenen Union-Druckerei hervorgegangen und gehört zu 88 Prozent den vier in der Beteiligungsgesellschaft GBG zusammengeschlossenen Gewerkschaften ver.di, IG Metall, TRANSNET und IG BAU, die bislang auch Hauptauftraggeber sind. Die restlichen Anteile hält ein Privatunternehmer. Nachdem der Betrieb im Frühjahr finanziell ins Schlingern gekommen war, hatten sich die Co-Eigentümer für den Erhalt der apm ausgesprochen und finanzielle Sanierungsbeiträge zugesagt. Dafür nahm die Belegschaft erhebliche Einkommenseinbußen hin.
Weil trotz erfolgter Zusagen die seit zwei Wochen überfällige Auszahlung der Augustlöhne der apm-Arbeiter auf sich warten ließ, war der Warnstreik für die apm-Beschäftigten ein „Akt der Notwehr“. Die Belegschaft ist gewerkschaftlich gut organisiert und steht zu gewerkschaftlichen Zielen. Sie kritisiert, dass mit ihrer Angst um Arbeitsplatz und Existenz „Ping-Pong gespielt“ wird, anstatt unverzüglich zur Erhaltung der Arbeitsplätze zu handeln. Die Betriebsratsvorsitzende Petra Werkmann bemängelt ein krasses Missmanagement an der Spitze der apm, die von einem 1-Personen-Vorstand geleitet wird; in rund dreieinhalb Jahren seit Gründung der apm hätten bereits vier Vorstände in Folge den Hut genommen und seien mit großzügigen Abfindungen ausgeschieden.
Einen Verkauf der apm an private Investoren lehnt Werkmann ab: „Die Gewerkschaften brauchen eine eigene Druckerei und eigene Publikationen, die völlig unabhängig sind von den Kapitalisten, die wir bekämpfen.“ Es sei unvorstellbar, dass etwa gewerkschaftliche Mitgliederzeitungen bei Großkapitalisten gedruckt und versandt würden und diesen damit die Daten von vielen Millionen Gewerkschaftsmitgliedern frei Haus geliefert würden.
Bei Redaktionsschluss verdichteten sich allerdings Hinweise darauf, dass die GBG ihre apm-Anteile an Finanzinvestoren „zügig“ verkaufen möchte. „Wir wollen nicht an eine Heuschrecke verscherbelt werden“, hält die Betriebsratsvorsitzende entgegen. Um den Druck auf die vier Gewerkschaftsvorstände zu verstärken, hat der Fachbereich Medien im ver.di-Bezirk Wiesbaden eine Resolution verabschiedet, die sich strikt gegen einen Ausverkauf der apm wendet. Denn dies wäre „ein gefundenes Fressen für die Feinde der Arbeiterbewegung und ihre Medien“, weil damit über Jahre jede Mitbestimmungsforderung und jeder gewerkschaftliche Protest gegen „Heuschrecken“-Gebaren und Profitstreben öffentlich lächerlich gemacht werden könnten.
Weiter fordert die Resolution, dass die Belegschaft unverzüglich die Chance bekommen müsse, ohne Bevormundung von oben ihre eigenen Vorstellungen für eine Sanierung des Betriebs im Interesse der Belegschaft und der Gewerkschaftsbewegung zu entwickeln und umzusetzen. Der Unternehmensvorstand sollte von einer Betriebsversammlung gewählt und zu den mit der Belegschaft vereinbarten Bedingungen eingestellt werden. Bei erwiesener Unfähigkeit oder Missbrauch der Leitungsposition sollte die Belegschaft den Vorstand auch wieder abwählen können.

 


 

Hier der Appell des apm-Betriebsrats:

Kolleginnen und Kollegen,zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren nehmen die an der apm AG beteiligten Gewerkschaften IG Metall, transnet, ver.di und IG BAU Anlauf, unsere (fast) gewerkschaftseigene Druckerei los zu werden.
Der Grundstein dazu wurde im Jahr 2002 gelegt, mit dem Beschluss die Union-Druckerei zu verkaufen. Dies war damals aus verschiedenen Gründen nicht umzusetzen und so wurde sie liquidiert und die Nachfolgefirma apm AG gegründet, an der die Gewerkschaften noch 88 Prozent halten. Unsere Hauptaufgabe ist nach wie vor, Dienstleister für die Gewerkschaftsbewegung zu sein, im print- sowie im non-print-Bereich – und dies wollen wir auch beibehalten!
Unsere Gewerkschaften sind für uns nicht einfach „nur“ Kunden, wir selbst sind Teil dieser Bewegung. Die Belegschaft hat eine hohe Identifikation mit den gewerkschaftlichen Zielen und wir sind stolz darauf, ein Partner zu sein, auf den man sich uneingeschränkt verlassen kann. Gerade in Streikzeiten ist eine eigene Druckerei aus unserer Sicht unverzichtbar.
Wir halten es für fahrlässig – nicht nur als Beschäftigte der apm AG, sondern gerade auch als Gewerkschaftsmitglieder – die medienpolitische und publizistische Unabhängigkeit ohne Not aufzugeben und unsere Druckerei mitsamt ihren Gewerkschaftsaufträgen und allen Mitgliederdaten an wen auch immer zu verhökern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist euch wohl bei dem Gedanken, Flugblätter, Streikaufrufe und ähnliches an Burda, Prinovis, Bertelsmann, Bauer oder sonst wen zu vergeben? Wollt ihr, dass die Arbeitgeberseite ab jetzt uneingeschränkt Zugriff auf unsere Mitgliederdaten hat und sofort weiß, wer wo organisiert ist? Die Druckarbeitgeber sind nicht die gewerkschaftsfreundlichsten per se – erinnert euch an Murdoch in England, oder daran, wie Bertelsmann uns immer hat auflaufen lassen! Und solche sollen jetzt die Macht über unsere eigenen Produkte haben?!
Als potenzieller Investor ist zurzeit eine Finance Management GmbH aus Süddeutschland im Gespräch, eine Tochter eines amerikanischen Mutterkonzerns. Wir halten das für wenig vertrauenswürdig und können uns kaum vorstellen, dass ein amerikanischer Finance-Konzern ausgerechnet im Dienste und im Sinne der Gewerkschaften tätig werden will. Was also will er dann? Einen Ausverkauf? Kann sich irgendjemand in den oberen Gewerkschaftsetagen vorstellen, was dies für einen politischen Schaden anrichten würde – auch im Sinne unserer eigenen Glaubwürdigkeit?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit rennt, und im Moment nur gegen uns. Wir müssen den Ausverkauf unserer Druckerei verhindern. Dafür brauchen wir eure Unterstützung, denn ohne eine innergewerkschaftliche Kampagne für den Erhalt der apm AG wird die deutsche Gewerkschaftsbewegung bald die längste Zeit eine Druckerei gehabt haben. Dies können und wollen wir nicht zulassen.
Mit solidarischen Grüßen, Kolleginnen und Kollegen der apm AG, Betriebsrat der apm AG

Proteste bitte an folgende Gewerkschaften:

IG Metall Vorstandsbereich Finanzen und Controlling
Eberhard Vetter
Telefon: 069 6693-2310
Fax: 069 6693-2511
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU)
Bundesvorstand
Telefon (069) 95 73 7 – 1 35
Telefax (069) 95 73 7 - 1 38
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Hauptvorstand der TRANSNET
Zentrale Frankfurt/Main
Weilburger Straße 24
60326 Frankfurt/Main
Telefon: 069/7536-0
Fax: 069/7536-222
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin
Telefon (0 30) 69 56 - 0
Fax (0 30) 69 56 - 31 41
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

 


 

Nachfolgend eine Resolution des Fachbereichs Medien in ver.di Wiesbaden:

Wir erklären unserer uneingeschränkte Solidarität mit dem Engagement der apm-Belegschaft für die Rettung der Arbeitsplätze und die langfristige Fortführung des Betriebs.
Wir fordern die BGB und die Vorstände der Gewerkschaften ver.di, IG Metall, Transnet und IG BAU auf, sich endlich um die APM AG und deren Mitarbeiter zu kümmern, die drohende Insolvenz von der apm abzuwenden und die für eine längerfristige Weiterführung des Betriebes notwendigen Schritte zu unternehmen. Dazu gehört auch die Garantie, wie bisher kleinere und größere Aufträge für gewerkschaftliche Publikationen an die apm zu vergeben und bei der Akquise neuer Kunden aus dem Umfeld der Gewerkschaftsbewegung behilflich zu sein.
Eigene Medien und eine eigene Druckerei sind für die Gewerkschaftsbewegung gerade in der heutigen Zeit von hoher Bedeutung. Daher lehnen wir einen Verkauf der apm an Finanzinvestoren strikt ab und fordern die BGB auf, jegliche Geheimverhandlungen mit potenziellen Käufern bzw. Mittlern sofort zu beenden.
Ein Verkauf der BGB-Anteile (derzeit 88 Prozent) und damit eine vollständige Privatisierung mit der drohenden Folge einer Vernichtung der verbliebenen 170 Arbeitsplätze wären ein gefundenes Fressen für die Feinde der Arbeiterbewegung und ihre Medien. Damit könnte über Jahre jeder gewerkschaftliche Protest gegen „Heuschrecken“-Gebaren und gegen rücksichtloses Profitstreben der Unternehmer öffentlich lächerlich gemacht werden. Wenn wir die Mitbestimmung gegen Angriffe aus dem konservativen Lager verteidigen wollen, dann können wir nicht gleichzeitig zulassen, dass Gewerkschaftszentralen über die Köpfe einer gewerkschaftlich engagierten und fachlich kompetenten und aufeinander eingespielten Belegschaft hinweg einen solchen Betrieb wie eine heiße Kartoffel aus der Hand geben.
Die apm-Belegschaft beklagt sich über Missmanagement, Vetternwirtschaft und Fehlentscheidungen der rasch wechselnden Unternehmensvorstände. Diese Vorwürfe müssen alle auf den Tisch und von einer Kommission gewählter Belegschaftsvertreter und des Betriebsrats gemeinsam mit gewerkschaftsnahen Betriebsprüfern aufgeklärt werden. Wenn die BGB-Geschäftsführung, die von den vier Gewerkschaften bestellten Aufsichtsratsmitglieder und die hinter ihnen stehenden Gewerkschaftszentralen offensichtlich nicht imstande sind, ein kompetentes und kontinuierliches Management bei apm zu gewährleisten, dann ist jetzt die Belegschaft am Zuge. Sie muss unverzüglich die Chance bekommen, ohne Bevormundung von oben ihre eigenen Vorstellungen für eine Sanierung des Betriebs im Interesse der Belegschaft und der Gewerkschaftsbewegung zu entwickeln und umzusetzen. Erfahrungen mit besetzten Betrieben in vielen Ländern zeigen: Eine engagierte und solidarische Belegschaft kann in eigener Regie den Betrieb besser und effektiver führen als „Nieten in Nadelstreifen“. Der Unternehmensvorstand sollte von einer Betriebsversammlung gewählt und zu den mit der Belegschaft vereinbarten Bedingungen eingestellt werden. Bei erwiesener Unfähigkeit oder Missbrauch der Leitungsposition sollte die Belegschaft den Vorstand auch wieder abwählen können.

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