Kategorie: DIE LINKE

Fraktionskampf im CWI: Spanische Sektion spaltet sich ab

Nicht einmal zwei Jahre nach einer groß verkündeten und gefeierten Vereinigung ist die Fiesta beendet. Nun hat sich die spanische Gruppe "Izquierda Revolucionaria" wieder vom Komitee für eine Arbeiterinternationale (CWI) abgespalten. Ein politisches Lehrstück.


Ende März 2019 verließen die Vertreter der spanischen und portugiesischen Sektionen des Komitees für eine ArbeiterInternationale (CWI) überraschend eine Sitzung der Fraktion von Peter Taaffe innerhalb dieser Organisation. Sie kündigten dann an, dem EK und ZK der spanischen CWI-Sektion den Austritt aus der Fraktion zu empfehlen. Der Generalsekretär der spanischen Sektion, Juan Ignacio Ramos, erklärte zudem, dass dies bedeute, dass es keinen mehr Sinn machen würde, im CWI zu bleiben.

Wie wir bereits berichtet haben, findet im Komitee für eine ArbeiterInternationale (CWI) ein sehr ernsthafter Fraktionskampf statt. Bei der spannungsgeladenen Sitzung des Internationalen Exekutivkomitees (IEC) im vergangenen November war die Gruppierung um ihren führenden Kopf Peter Taaffe in der Minderheit. Taaffe hat als Reaktion darauf seine eigene "trotzkistische Fraktion" innerhalb des CWI gebildet. Nun ist diese Fraktion durch die Abspaltung der spanischen Sektion erschüttert worden.

Als Juan Ignacio (JIR) die Zusammenkunft in London verließ, gab er eine Erklärung ab:

Wichtige Meinungsunterschiede bestehen in Bezug auf das sozialistische und politische Bewusstsein, die Folgen des Zusammenbruchs der ehemaligen stalinistischen Staaten und die Analyse der Entwicklung in Venezuela und einige andere Fragen, die nach Ansicht von JIR grundlegende Fragen sind.”

Nach einer Erklärung der Fraktion vertrat JIR die Ansicht, dass diese Fragen während des Einigungsprozesses nicht ausreichend diskutiert worden seien und dass die spanischen Genossinnen und Genossen “getäuscht” worden seien.

Von der "prinzipiellen Vereinigung" zur eiskalten Spaltung

Erinnern wir uns daran, dass die spanische Organisation Izquierda Revolucionaria (IR) 2017 ihre Fusion mit der CWI angekündigt hat. Damals verkündete die CWI stolz, dass “dieser Prozess zur Vereinigung mit IR sicherlich als Magnet für andere revolutionäre Arbeitergruppen und Organisationen auf der ganzen Welt und als Teil der vitalen und dringenden internationalen Entwicklung der Kräfte des Trotzkismus fungieren kann ...”

Der eigentliche Einigungskongress im Juli 2017 in Barcelona wurde in leuchtenden Worten verkündet: "Vereinigung von CWI und IR: Eine historische Stärkung der Kräfte des Marxismus". Der Artikel erläuterte detailliert "die politische und programmatische Grundlage, auf der diese prinzipielle Vereinigung durchgeführt wurde. "

Schon damals sorgte die Fusion für Probleme bei Juan Ignacios Gruppe Izquierda Revolucionaria. In Mexiko spaltete sich seinerzeit die Gruppe der IR, die damals zwölf Mitglieder hatte, in zwei Teile, weil der Prozess heimlich und hastig durchgeführt wurde und die Mitglieder nicht richtig informiert worden seien. Das verursachte auch Probleme in den damaligen CWI- und IR-Sektionen in Venezuela. Über einen längeren Zeitraum sind Mitglieder beider Gruppen ausgetreten bis zu dem Punkt, an dem die CWI-Sektion in Venezuela nun nicht mehr funktioniert.

Die spanische Izquierda Revolucionaria ist eine Gruppe, die sich 2009 von der Internationalen Marxistischen Tendenz (IMT) abgespalten hat. Damals hatte die IMT versucht, eine Reihe von solidarischen Kritikpunkten an einigen Aspekten der Arbeit der spanischen Sektion zu äußern, die damals El Militante hieß. Wir argumentierten damals, dass es sektiererische Merkmale in den Arbeitsansatz gebe und kritisierten auch bürokratische Aspekte der internen Funktionsweise.

Die Führung der spanischen Sektion um Juan Ignacio wollte das nicht hören. Nach einer kurzen Debatte in Spanien wurde vereinbart, die Fragen in der gesamten IMT zu diskutieren, wo beide Seiten die gleiche Zeit haben sollten, um ihre Standpunkte vorzubringen. Doch die Mehrheit der Führung von El Militante wollte keine internationale Debatte. Sie hatten ein geheimes Treffen ihrer Unterstützer und beschlossen, sich von der IMT abzuspalten, ohne jemals eine formelle Konferenz der Sektion einzuberufen. Jene Genossinnen und Genossen, die nicht mit der Mehrheit der Führung abgestimmt hatten, wurden ohne Erklärung bürokratisch ausgeschlossen. In den regionalen Büros wurden Schlösser ausgewechselt, Genossinnen und Genossen aus den Mailinglisten entfernt und nicht mehr zu den Sitzungen der Basisgruppen eingeladen. Dazu gehörten auch alle, die sich während der Debatte der Stimme enthalten hatten. Dabei spaltete die Führung von Juan Ignacio die mexikanische und die venezolanische Sektion, so dass er den Anschein einer internationalen Organisation vorweisen konnte.

Es scheint hier ein altbekanntes Muster zu geben. Die Führung dieser Gruppe interessiert sich nicht für politische Debatten, und wenn sie spüren, dass eine Diskussion nicht nach ihrem Willen abläuft, packen sie ihr Spielzeug auf und entfernen sich vom Spielplatz.

Das CWI und seine deutschen Sektion feierten im Sommer 2017 die Vereinigung zwischen IR und CWI groß und prahlerisch. Statt die eigenen Ideen darzustellen, verschwendeten sie damals ungewöhnlich viel Platz für ungewöhnlich starke und diffamierende Angriffe auf die IMT. Wir ließen uns davon nicht beirren und waren uns sicher, dass solche Methoden den Urhebern auf die Füße fallen würden. Damals wiesen wir in einer Analyse darauf hin, dass die Beweggründe für die Fusion auf beiden Seiten vom Drang nach Prestige und der Notwendigkeit gespeist wurden, irgendwelche Erfolge vorzuweisen. Beide Organisationen teilten auch bestimmte politische Eigenschaften, die wir damals auflisteten: “Sektierertum, Selbsternennung und Prahlerei, Verachtung für Theorie und damit einhergehend bürokratische interne Methoden". Das war keine solide Grundlage für die Vereinigung, wie wir jetzt sehen können.

Wie kann eine Vereinigung, die vor weniger als zwei Jahren stattfand und die damals nach offizieller Verlautbarung auf einer prinzipiellen Diskussion der anstehenden Fragen beruhte, nun zu einer Spaltung führen, bei der Juan Ignacio behauptet, dass man ihn “getäuscht” und “diese Fragen während des Einigungsprozesses nicht ausreichend diskutiert" habe und dass es "grundlegende politische Differenzen" gebe? Sind diese Unterschiede erst in den letzten Monaten entstanden? Das können wir bezweifeln. Wir können auch sicher ausschließen, dass Juan Ignacio im Fusionsprozess "getäuscht" wurde. Man kann viele Dinge über Juan Ignacio sagen, aber er ist sicher kein Narr.

Zugleich argumentiert Peter Taaffes "trotzkistische Fraktion", dass die spanische Sektion "sektiererische, ultralinke Tendenzen" habe. Haben sie das jetzt erst erkannt? Wahrscheinlicher ist, dass diese Differenzen nun in die Gleichung aufgenommen wurden, um die Spaltung zu rechtfertigen. Mitglieder der IR und des CWI haben das Recht zu fragen, ob sie damals getäuscht wurden oder ob sie auch jetzt noch getäuscht werden.

Ein harter Schlag für beide Seiten

Diese Abspaltung ist ein schwerer Schlag für Peter Taaffe und seine Minderheitsfraktion, da er damit die Unterstützung von vier Sektionen (Spanien, Portugal, Venezuela und Mexiko) verliert und damit ein weiterer Gesichtsverlust einher geht. Schließlich hatte Taaffe bei der IEC-Sitzung im vergangenen November elf Sektionen auf seiner Seite und 14 gegen sich. Jetzt kann sich Taaffes Fraktion abgesehen von den britischen IEC-Mitgliedern nur noch auf drei deutsche IEC-Mitglieder stützen.

Auch für Juan Ignacio und die IR ist dies ein herber Rückschlag, zumal sie sich eine Menge von der Fusion mit dem CWI erhofft hatten. Juan Ignacio beschrieb sie 2017 als "eine historische Wiederbegegnung " und ein "Anknüpfen an den Knoten der gemeinsamen Geschichte, die uns verbindet". Damals sprach er von "Einigkeit über gemeinsame Ideen, Methoden und Traditionen".

Weniger als zwei Jahre später ist das die Bilanz: Die Gruppe in Venezuela wurde zerstört. Die Gruppe in Mexiko ist gespalten. Dass sie in Portugal eine kleine Gruppe gewonnen haben, gleicht dies sicher nicht aus. Juan Ignacio bleibt dort, wo er angefangen hat: Er hat keine internationale Organisation, aber feste Kontrolle über sein eigenes kleines Geschäft.

Das ist nicht das Ende der Probleme im CWI oder in der IR. Wir appellieren an alle denkenden Genossinnen und Genossen, ihre eigenen Erfahrungen zu analysieren und zu studieren und zu versuchen, die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Eine revolutionäre Organisation kann nicht aufgebaut werden auf der Grundlage der krampfhaften Suche nach Abkürzungen, der Übernahme von Positionen, wo man nicht die notwendige Basis aufgebaut hat, der Verwässerung des eigenen Programms, um "Massenarbeit" zu leisten, aber auch nicht durch sektiererische Selbstverkündung und Ausrufung einer revolutionären Partei. Nötig sind Kaderbildung, geduldige Arbeit und Verwurzelung in der Arbeiterbewegung sowie ein ernsthafter und entschlossener Umgang mit der Theorie.

Links:

Statement zur Abspaltung der spanischen CWI-Fraktion (Englisch)

Offener Brief an (ehemalige) CWI-Mitglieder

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