Kategorie: Kultur

Die Grenzen des bürgerlichen Rechts oder wie ich Marxistin geworden bin

Seit ich denken kann, setze ich mich für mehr Gerechtigkeit in der Welt ein. Ich hatte das Ziel, im Bereich der Menschenrechte zu arbeiten. Ich war davon überzeugt, dass das Recht die am stärksten benachteiligten und marginalisierten Menschen schützen könne.


Jedoch kam ich schnell zur Schlussfolgerung, dass die Menschenrechte im Kapitalismus nie vollständig beachtet und eingehalten werden können. Empört und aufgebracht über die Ausbeutung von Mensch und Natur im Namen des Profits fokussierte ich mich während meines Studiums auf den Bereich der Wirtschaft und Menschenrechte. Menschenrechtsverletzungen, die von Unternehmen verursacht werden, bleiben ungestraft und die Opfer erfahren nie eine Wiedergutmachung. Ich dachte zunächst: wenn solche Gewalttätigkeiten gegen Menschen und ihre Umwelt möglich sind, muss der Grund dafür sein, dass es Rechtslücken gibt, die man einfach mit neuen und angepassten internationalen Regelungen schließen könnte. Ich erkannte jedoch schnell, dass dem nicht so ist.

Bei der Identifizierung und Analyse der rechtlichen Mängel im internationalen Rechtssystem wurde mir klar, dass das Völkerrecht nicht neutral ist, wie von vielen behauptet. Es wurde nicht zum Schutz der Schwächsten geschaffen, sondern um die Interessen der Kapitalisten zu verteidigen und zu fördern. Während es keinen weltweiten Gerichtshof für Menschenrechte gibt, kann ein Unternehmen, das durch neue und strengere Gesetze zum Arbeitnehmerschutz weniger Einkommen erzielt, den Staat, der die Gesetze erlassen hat, vor einem internationalen Schiedsgericht verklagen. Das Recht ist klar darauf ausgerichtet die Interessen des Großkapitals zu wahren, nicht die Rechte der Bürger und der Umwelt zu schützen.

Das bürgerliche Recht steckt in einer Sackgasse

Wenn das Recht wirtschaftliche Interessen fördert, dachte ich mir, ist es dann möglich, neue internationale Rechtsnormen zu schaffen, die Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen verhindern? Im Kapitalismus steht das Profitstreben über allem. Das bedeutet, dass es nicht der Zweck eines Unternehmens ist, die Gesellschaft zu verbessern oder die Umwelt zu schützen, sondern nur Geld zu vermehren. Der harte Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen drängt sie dazu, ihre Arbeiter und die Natur immer mehr auszubeuten. Das ist ihre Überlebensstrategie. Ohne ausreichende Profite werden sie bei Fusionen und Übernahmen durch größere Unternehmen verschlungen. Deshalb wird ein Unternehmen niemals freiwillige Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter ergreifen.

Also stellte ich mir die Frage, ob Unternehmen gezwungen werden müssten, strenge Sozial- und Umweltstandards einzuhalten. Wie von Marx und Engels vorausgesagt, führen die freie Marktwirtschaft und der Wettbewerb zwangsläufig zur Konzentration des Kapitals und zur Monopolisierung. Nur 147 global agierende Unternehmen haben die Kontrolle über 40 Prozent des Weltvermögens. Die 100 größten Wirtschaftseinheiten der Welt sind 69 Unternehmen und nur 31 Staaten. Zusammengerechnet verdienen die 10 größten Konzerne mehr Geld als die meisten Staaten der Welt gemeinsam einnehmen. Diese Riesenkonzerne sind die wahren Machthaber über die Weltwirtschaft.

Als ich erkannte, dass das Recht im kapitalistischen System niemals in der Lage sein würde, Menschen und ihre Umwelt vor Missbrauch durch Unternehmen zu schützen, überkam mich ein Gefühl der Verzweiflung. Im derzeitigen System ist es allenfalls möglich, die Bedingungen der Arbeiter etwas zu verbessern oder eine bestimmte Umweltschutzmaßnahme durchzuführen- Das ist alles. Und solche Zugeständnisse, die oft jahrelangen Druck und Verhandlungen erfordern, können über Nacht nach einem Regierungswechsel oder nach Ausbruch einer neuen Wirtschaftskrise wieder rückgängig gemacht werden. Es schien kein Ausweg möglich, jedenfalls nicht innerhalb der Grenzen, die das System vorgibt.

Systemwandel als einzige Alternative

Ich hatte das große Glück, dass ein guter Freund kurz davor selbst Mitglied der IMT geworden war. Unsere langen Diskussionen haben mich aus der Sinnkrise geholt. Zum ersten Mal erschien mir die Situation gar nicht so ausweglos und ich begann über diese Grenzen hinaus zu denken. Es wird uns immer wieder eingebläut, dass Lösungen nur innerhalb des derzeitigen Wirtschaftssystems gefunden werden könnten, weil kein anderes System möglich sei. Das ist nicht wahr! Das vermeintliche “Ende der Geschichte”, der Kapitalismus, ist noch nicht mal in der Lage, Lösungen für die Probleme zu finden, die er selbst erzeugt. Ich wurde mir dessen bewusst, dass keine noch so guten Gesetze dieses labile System reparieren würden. Nur ein grundlegender Systemwandel kann die Basis dafür schaffen, Menschenrechte und die Umwelt zu schützen. Nur in einem System, in dem die Wirtschaft von den Arbeitenden selbst demokratisch geplant und kontrolliert wird, können Menschenrechte völlig respektiert werden, nur dann werden Menschen im Einklang mit der Natur leben können.

Der Marxismus hat mir die Augen geöffnet und es mir erlaubt, die Schlussfolgerungen, zu denen ich gekommen bin, wissenschaftlich zu erklären. Nicht nur das. Als Marxisten sind wir Revolutionäre. Theorie und Praxis gehen Hand in Hand. Nur ein fundamentaler, ein revolutionärer Systemwandel kann die Menschheit befreien.

 

slider unten de rev

bdk slider unten