Kategorie: Ökologie

Klimakiller Auto, Lkw und Flieger: Die Zeche zahlen wir

Alles außer den Profitinteressen der Großkonzerne spricht für eine radikale Verkehrswende. Denn der Straßen- und Luftverkehr gehört nicht nur zu den größten Klimakillern, sondern bürdet uns allen teure „Kollateralschäden“ auf, die in keiner Unternehmensbilanz erscheinen.


Der Verkehr in Deutschland belastet die Allgemeinheit mit externen Folgekosten in Höhe von 149 Milliarden Euro, die in keiner amtlichen Statistik oder privaten Bilanz auftauchen. Dies ist das Fazit einer Studie des Züricher Infras-Instituts im Auftrag des Bündnisses „Allianz pro Schiene“. Davon entfallen 96 Prozent oder 142 Milliarden Euro auf den Straßen- und Luftverkehr. Erfasst wurden alle negativen Auswirkungen des Verkehrs, die nicht von den Verkehrsteilnehmern selbst bezahlt werden – also die Folgekosten von Klimabelastung, Unfällen, Lärm oder Luftverschmutzung. Sie gehen zu Lasten anderer Menschen, der Umwelt und künftiger Generationen. Die hohen Ausgaben werden etwa von der Kranken- oder Rentenversicherung gedeckt, wenn Unfallopfer operiert und gepflegt werden, ihren Beruf aufgeben müssen oder wenn Dreck und Lärm Atemwegserkrankungen und Herzinfarkte auslösen. Bei näherer Betrachtung der Studie fallen vor allem Unfälle mit einem Anteil von 41 Prozent an der Gesamtlast ins Gewicht. Dazu kommen Herstellungskosten für Fahrzeuge, Klimakosten und Kosten für Natur und Landschaft. Demgegenüber verursacht der Schienenverkehr nur 3,8 Prozent der externen Kosten, in absoluten Zahlen 5,7 Milliarden Euro. „Eine verschleppte Verkehrswende ist viel teurer als ein mutiges Umsteuern. Mit einer Verkehrsverlagerung können wir den Klimaschutz und die Luftqualität verbessern und die Zahl der Unfallopfer drastisch senken“, so die „Allianz pro Schiene“.

Gute Argumente also für eine radikale Verkehrswende – weg vom Auto, Lkw und Flugzeug und hin zur klimafreundlichen und erschwinglichen Eisenbahn für Menschen und Güter. Doch den raschen Lippenbekenntnissen der Politik „für mehr Bahn“ und „billigere Bahntickets“ folgen keine Taten. Lkw-Flotten mit extrem ausgebeuteten Fahrern aus Ost- und Südeuropa brettern Tag und Nacht über die Autobahnen, während die Güterbahn DB Cargo sich weiter aus der Fläche zurückzieht. Billigflieger wie Ryanair werden mit Steuergeldern hochgepäppelt und Flughäfen für sie ausgebaut. Die Auto-, Mineralöl- und Luftfahrtlobby beherrscht die Politik. Sie verhindert ein Tempolimit und das Verbot von Kurzstreckenflügen, die man schon längst durch Bahnreisen ersetzen kann. Nach wie vor sind deutsche Innenstädte überwiegend am motorisierten Individual- und Güterverkehr ausgerichtet. Ihm stehen gut 30 Prozent der Flächen zur Verfügung. Für Fahrzeuge, die immer schwerer werden und im Schnitt über 23 Stunden pro Tag als Stehzeug auf wertvollen versiegelten Flächen parken, wird mehr Raum vorgehalten als für das Grundbedürfnis Wohnen. Dabei zeigen Städte wie Kopenhagen oder Groningen, dass Radverkehr in Großstädten ein riesiges Potenzial hat.

Die Eisenbahn bleibt ein ungeliebtes Stiefkind der Politik. Die Privatisierung und Liberalisierung schadet dem Schienenverkehr. Anstatt sich auf den Wettbewerb mit der Straße und dem Luftverkehr zu konzentrieren, tobt auf deutschen Gleisen ein harter Verdrängungswettbewerb privater und privatisierter Bahngesellschaften zu Lasten von Mensch und Umwelt. Dies schadet dem Gesamtsystem Eisenbahn, das nur in einer (öffentlichen) Hand optimal funktioniert. Doch heute bestimmen Verspätungen, Pannen, Zugausfälle und Servicemängel den Alltag bei der Deutschen Bahn und noch mehr bei ihrer privaten Konkurrenz. Es sind Zustände, die kaum zum Umsteigen vom Auto in den Zug anregen.

Aber kommt jetzt nicht die Elektromobilität? Oder Oberleitungen an Autobahnen für Lkw? Batteriebetriebene Fahrzeuge sind Augenwischerei und sind nicht zuletzt wegen der massiven Umweltschäden, die der Lithium-Bergbau in Afrika oder Südamerika anrichtet, keine Alternative. Sie sind bestenfalls ein Zweit- oder Drittwagen für begüterte Familien. Auch private Fahrdienste verstopfen unsere Innenstädte weiter.

Die beste Elektromobilität mit der geringsten Umweltbelastung liefern immer noch elektrisch betriebene Bahnen. Doch von nichts kommt nichts. Eisenbahnen, Fahrzeugindustrie, Luftfahrtunternehmen und das gesamte Verkehrswesen gehören in öffentliche Hände und unter demokratische Kontrolle. So könnten die Profis – Arbeiter, Techniker, Wissenschaftler, Eisenbahner – an einem Strang ziehen und endlich eine umweltfreundliche Mobilität für Menschen und Güter schaffen. Niemand müsste etwa wegen der Autokrise um seinen Arbeitsplatz bangen, denn für den ehrgeizigen Ausbau der Bahn und öffentlichen Verkehrsbetriebe, für Infrastruktur und moderne Schienenfahrzeuge werden noch Massen von qualifizierten Menschen, Gleisen, Loks, Triebfahrzeugen, Waggons und mehr benötigt. Übrigens: Ein bundesweiter Nulltarif in Bussen und Bahnen würde Jahr für Jahr 12 Milliarden Euro kosten. Das ist genau so viel wie die Subventionierung des Flugverkehrs.




Weg mit Moia, Uber und Co.

Inzwischen suchen auch private Konzerne im innerstädtischen Verkehr neue Märkte und profitable Anlagemöglichkeiten. So setzt die VW-Tochter Moia jetzt in Hamburg Kleintransporter aus eigener Produktion als Sammeltaxen ein. VW wolle mit Moia möglichst große Teile der heutigen öffentlichen Verkehrsangebote durch private Angebote ersetzen, kritisiert der Hamburger Taxenverband. „Olaf Scholz hat am Parlament vorbei dem VW-Konzern ermöglicht, mit den bei Dieselgate ergaunerten Milliarden den ÖPNV und das ergänzende Taxigewerbe anzugreifen“, so der Vorwurf an den früheren SPD-Bürgermeister und heutigen Bundesfinanzministers.

Gegen Pläne von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), mit einem geänderten Personenbeförderungsrecht den Markt für Fahrdienstanbieter und Internetplattformen wie Uber zu öffnen, protestierten in den vergangenen Monaten Taxifahrer in zahlreichen Großstädten. Sie befürchten, dass mit dem Vordringen von Uber ihre ohnehin schlecht bezahlten Jobs wegfallen und die Prekarisierung in der Branche weiter um sich greift. Denn die von Uber vermittelten Fahrer sind ohne soziale Absicherung und ohne öffentlich kontrollierte Mindeststandards im Einsatz und die Plattform kassiert pauschal 20 Prozent des Fahrpreises.

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