Kategorie: Theorie

Die Revolution in der Philosophie

Mit seinen „Thesen über Feuerbach“ und anderen Schriften hat Karl Marx die philosophische Grundlage für eine Veränderung der Gesellschaft und des Menschen selbst gelegt.


Jahrhundertelang hat das Problem der Erkenntnis einen zentralen Platz in der Philosophie eingenommen. Aber dieses sogenannte Problem tritt nur auf, wenn menschliche Erkenntnis a) als etwas Getrenntes von einem physischen Körper und b) als etwas Getrenntes von der materiellen Welt betrachtet wird. Wir haben es hier mit einer einseitigen Sicht auf das Bewusstsein zu tun, welches uns als eine Barriere, die uns vermeintlich von der „externen“ Welt abschließt, dargeboten wird. In Wirklichkeit sind wir Teil dieser Welt, und das Bewusstsein trennt uns nicht von ihr ab, sondern verbindet uns mit ihr. Seit Anbeginn der Menschheit betrachten wir nicht nur die physische Welt, sondern wirken auch aktiv auf sie ein.

Wir denken nicht nur mit unserem Gehirn, sondern mit unserem gesamten Körper. Das Denken darf nicht als isolierte Aktivität („der Geist in der Maschine“) betrachtet werden, sondern muss als Teil der gesamten menschlichen Erfahrung, der sinnlichen menschlichen Tätigkeit und der Interaktion mit der Welt und mit anderen Menschen verstanden werden. Es muss als Teil dieses komplexen Prozesses der permanenten Interaktion, nicht als eine isolierte Aktivität gesehen werden. Der Materialismus lehnt die Vorstellung ab, dass der Geist, das Bewusstsein, die Seele etc. etwas von der Materie Unabhängiges ist. Das Denken ist lediglich der Existenzmodus des Gehirns, welches – so wie das Leben an sich – nur in besonderer Weise organisierte Materie ist. Was wir den „Geist“ nennen, ist nicht anderes als die Gesamtheit der Aktivitäten des Gehirns und des Nervensystems. Aber: Dialektisch betrachtet ist das Ganze größer als die Summe der Einzelteile. Diese materialistische Sichtweise entspricht genau den Schlussfolgerungen der Wissenschaft, die allmählich die Funktionsweise des Gehirns entdeckt und seine Geheimnisse enthüllt. Hingegen beharren die Idealisten darauf, das Bewusstsein als ein „Mysterium“ und als etwas, das wir nicht begreifen können, darzustellen. An diesem Punkt taucht unser alter Freund, die Seele, wieder auf und wird triumphierend vom Allerheiligsten, von Engeln, dem Teufel und dem ganzen Rest dieses mystischen Brimboriums, das die Wissenschaft bereits vor längerer Zeit einem Museum hinterlassen hätte sollen, begleitet.

Dualismus

Hinter der ansehnlichen Fassade des philosophischen Idealismus verstecken sich in letzter Instanz Religion und Aberglaube. Idealismus ist im Grunde genommen immer Religion. Die unbefleckte und unsterbliche Seele sei in einem schmuddeligen, unvollkommenen und kurzlebigen materiellen Körper eingesperrt. Sie sehne sich nach ihrer Freilassung im Moment des Todes, wenn wir „den Geist aufgeben“ und ins Paradies emporschweben – falls wir Glück haben. Auf diese Weise wurde die Materie zu einem dreckigen Bauern deklassiert, der dazu bestimmt ist seiner Majestät, der unsterblichen Seele, stets den Vortritt zu lassen. Diese Vorstellung ist mindestens so alt wie Platon und Pythagoras, die die physische Welt als eine dürftige Nachbildung der perfekten Idee sahen, die existierte, bevor die Welt erdacht wurde.

Die Idee einer außerhalb des Körpers existierenden Seele wurde später durch den berühmten französischen Philosophen Descartes (1596-1650) in die Neuzeit befördert. Er vertrat die Vorstellung von einem Dualismus, welche besagt, dass das Denken (Bewusstsein) etwas von der Materie Getrenntes ist. Die Seele wird hier als etwas betrachtet, das zwar innerhalb des Körpers existiert, jedoch von diesem völlig verschieden ist. Dabei stellt sich folgendes Problem: Wie kann die Seele mit dem physischen Körper interagieren, wenn sie etwas von diesem völlig Verschiedenes ist?

Der Fehler liegt darin, dass man das Bewusstsein als ein „Ding“, das unabhängig von allem anderen existiert, als etwas von der sinnlich menschlichen Tätigkeit Getrenntes und Abgesondertes betrachtet. Die moderne Wissenschaft hat für immer die Vorstellung vom Bewusstsein als einem eigenständigen „Ding“ überwunden. Im Gegensatz zu Descartes wissen wir heutzutage über die Funktionsweise der Natur, die Welt der Moleküle, Atome und subatomaren Teilchen, über die elektrischen Impulse, die die Tätigkeiten des Gehirns steuern, bescheid. Anstelle einer mysteriösen Seele beginnen wir ein wissenschaftliches Verständnis von den menschlichen Körper- und Gehirnfunktionen zu erlangen.

Die Tätigkeiten von Nervenzellen sind sowohl elektrisch als auch chemisch. An den Enden einer jeden Nervenzelle befinden sich spezialisierte Regionen, die Synapsen, welche eine große Anzahl von kleinen membranumhüllten Bläschen enthalten, in denen Neutrotransmitter (Botenstoffe) vorrätig gehalten werden. Diese chemischen Stoffe übertragen Nervenimpulse von einer Nervenzelle zur anderen. Nachdem ein elektrisches Aktionspotential entlang eines Neurons gereist ist, erreicht es die Synapse und stimuliert die Freilassung von Neurotransmittern von ihren Bläschen.

Hand und Gehirn

Die Neurotransmitter tragen das chemische Signal über den synaptischen Spalt (der Zwischenraum zwischen zwei benachbarten Neuronen) und stimulieren die Produktion einer elektrischen Erregung, die den Nervenimpuls weitertragen. Wenn sich dieser Prozess mehrfach wiederholt, wird ein Muskel bewegt oder entspannt oder ein Sinneseindruck vom Gehirn wahrgenommen.

Diese elektrochemischen Vorgänge können als die „Sprache“ des Nervensystems gesehen werden, durch die Informationen von einem Teil des Körpers zu einem anderen übertragen werden. Diese wissenschaftliche Erklärung beseitigt auf einen Schlag die mystisch-idealistische Sicht von einem mysteriösen und unerklärlichen Denken und Bewusstsein, das von den normalen Mechanismen der Natur und anderen körperlichen Funktionen losgelöst ist.

Die idealistische Sicht von Bewusstsein und Sprache steht im offenen Widerspruch zu den Fakten der menschlichen Evolution. Sie ist abstrakt, ahistorisch und basiert auf willkürlichen Annahmen. Die Beziehung der ersten Menschen (und auch des archaischen Homo sapiens) zu ihrer physischen Umwelt war bedingt durch die Notwendigkeit Nahrung zu finden und vor Raubtieren zu fliehen. Der aufrechte Gang – der durch Veränderungen der Umwelt im Zuge von Klimaveränderungen bewirkt wurde – befreite die Hand, welche anschließend für manuelle Arbeit verwendet werden konnte. Das Bewusstsein entsteht durch die Evolution des Gehirns und des Zentralnervensystems. Diese Evolution ist wiederum aufs Engste verbunden mit praktischer menschlicher Tätigkeit – also Arbeit. Menschen verändern ihre Umwelt durch physische Arbeit und auf diese Weise verändern sie sich selbst.

Dieser Prozess hat über einen Zeitraum von vielen Millionen Jahren stattgefunden und hat seine Wurzeln in den früheren Stadien der Evolution – im Speziellen im Übergang von wirbellosen Tieren zu Wirbeltieren, welcher zur Entwicklung eines Zentralnervensystems und schließlich einem Gehirn führte.

Die Beziehung zwischen Hand und Gehirn ist sehr gut belegt. Eine erhöhte manuelle Fertigkeit und die Entwicklung einer Vielfalt von manuellen Tätigkeiten führten zu einem schnellen Wachstum des Gehirns und einer gesteigerten Leistungsfähigkeit des Denkens. Um genau zu sein, existiert eine dialektische Beziehung zwischen der Größe des Gehirns, dem aufrechten Gang und der Entwicklung der Hand für spezifische Tätigkeiten. Die menschliche Hand ist ein fabelhaftes Produkt der Evolution! Die Position des Daumens auf der gegenüberliegenden Seite zur restlichen Hand ist die erste Anpassung, die ein Zupacken erst ermöglicht. Dies ist die vorausgehende Bedingung für alle nachfolgenden Entwicklungen.

Affen benutzten ihre Hände um in den Bäumen zu schwingen. Sie gebrauchten sie auch um Stöcke zu greifen und in einigen Fällen sogar als primitive Werkzeuge für ziemlich ausgeklügelte Tätigkeiten, wie dem Graben nach Termiten. Als unsere entfernten Vorfahren den aufrechten Gang erlernten, wurden die Hände frei und diese konnten für verschiedene andere Aufgaben verwendet werden. Mit zunehmender Praxis wurden die Hände immer geschickter und konnten präzisere und komplexere Tätigkeiten, wie die Verwendung von natürlich Objekten als Werkzeuge, ausführen.

Es war die Hand, die das Gehirn entwickelte, nicht umgekehrt. Dies kann auch bei niederen Tieren beobachtet werden. Sie betrachten die Welt nicht – sie essen sie. Auf dieselbe Weise lernt ein menschliches Baby die Welt dadurch zu verstehen, dass es Dinge in den Mund nimmt. Ebenso ist die Sprache nicht ein „Werkzeug“, wie ein Hammer oder eine Schaufel, die nach Belieben hergestellt und verändert wird. Sprache entwickelt sich in Wirklichkeit zusammen mit dem Bewusstsein, als ein Produkt sozialer Interaktion und kollektiver Produktion. Sie wird nicht „gemacht“, sondern entsteht durch kollektive menschliche Tätigkeit und soziales Leben über eine lange Zeitspanne.

Ein regelmäßiger Gebrauch von Werkzeugen und kollektive Arbeit müssen eine Art von Sprache erforderlich gemacht haben, was eine Vielzahl an ineinandergreifenden Auswirkungen nach sich gezogen hat. Alle körperlichen und mentalen Funktionen sind eng miteinander verflochten. Dialektisch betrachtet wird Ursache zur Wirkung und Wirkung wird zur Ursache. Die menschliche Hand ist eng verbunden mit dem Auge und dem Gehirn. Die Koordination, welche notwendig ist, um selbst die elementarsten Steinwerkzeuge herzustellen, ist beachtlich.

Alle Menschen verwenden Werkzeuge, und die Wechselbeziehung von Hand, Auge und Gehirn, die zur Herstellung von Werkzeugen erforderlich ist, trieb die Entwicklung des Gehirns über Millionen von Jahren an. Die bewusste Herstellung von einfachen Steinwerkzeugen war offensichtlich die treibende Kraft für die Bildung von grundlegenden Begriffen und demzufolge die Entwicklung des Denkens. Dies hatte zweifelsohne Auswirkung auf die innere Struktur des Gehirns, welche sich im Wachstum der Gehirngröße ausdrückte. In ihrer Gesamtheit führten diese Veränderungen zu einem qualitativen Sprung, der die Menschheit von allen anderen Formen lebendiger Materie unterschied. Unsere Spezies wurde demnach nicht durch einen Gott erschaffen, sondern war ein evolutionäres Produkt, das sich durch die manuelle Arbeit von allen anderen Lebewesen unterschied.
Dementsprechend entwickelte sich die Menschheit nicht aufgrund des Gehirns – wie Engels bereits vor über hundert Jahren erklärt hatte –, sondern es war die Hand, die die Entwicklung des Gehirns vorantrieb.

Marx schrieb 1845 in seiner dritten These über Feuerbach: „Die materialistische Lehre von der Veränderung der Umstände und der Erziehung vergißt, daß die Umstände von den Menschen verändert und der Erzieher selbst erzogen werden muß. Sie muß daher die Gesellschaft in zwei Teile – von denen der eine über ihr erhaben ist – sondieren. Das Zusammenfallen des Ändern[s] der Umstände und der menschlichen Tätigkeit oder Selbstveränderung kann nur als revolutionäre Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.“

Feuerbach-Thesen

Diese wenigen Sätze markierten eine Revolution in der Philosophie. Der großartige deutsche Philosoph Hegel war der Entdeckung der Wahrheit schon zuvor sehr nahe gekommen. Aber geblendet durch seine idealistischen Vorurteile scheiterte er trotz seines enormen Genies daran, den entscheidenden Sprung von der Theorie zur Praxis zu vollziehen. Es brauchte schon die Genialität von Marx, um den vernünftigen Kern, der sich in den Seiten von Hegels Wissenschaft der Logik versteckte, offenzulegen und ihn auf die reale, materielle Welt anzuwenden.

Mit Marx lässt die Philosophie endgültig die Dunkelheit und den stickigen Keller, in dem sie durch das scholastische Denken jahrhundertelang eingesperrt war, zurück und schleppt sich blinzelnd ans Tageslicht. Endlich sind menschliches Denken und praktische Tätigkeit vereint – nicht die einseitige, rein intellektuelle Tätigkeit des Gelehrten ,sondern echte, sinnlich menschliche Tätigkeit. Der großartige deutsche Dichter Goethe antwortete im Faust auf die biblische Behauptung „Im Anfang war das Wort“ mit „Im Anfang war die Tat“.

Echte menschliche Tätigkeit (Arbeit) ist dem Wesen nach notwendigerweise kollektiv. Alle Wunder der Zivilisation sind das Resultat des Zusammenwirkens der individuellen Anstrengungen, den Bestrebungen und der Kreativität von Männern und Frauen. Es ist die konkrete Umsetzung dessen, was Hegel die Einheit vom Besonderen und Allgemeinen nannte. Dennoch ist diese notwendige Einheit stur bestritten worden. Die Gedanken und die Taten der Menschheit werden nicht als Ergebnis kollektiver Tätigkeit, sondern als das Werk von isolierten Individuen dargestellt.

Diese falsche Vorstellung ist gleichzeitig eine Widerspiegelung bürgerlicher Vorurteile und ein Versuch die Strukturen, die Moral und die Werte der bürgerlichen Gesellschaft zu rechtfertigen – einer Gesellschaft, von welcher behauptet wird, dass das Ego (das „Individuum“) über allem steht. In Wahrheit wird die Individualität der großen Mehrheit von einer kleinen Handvoll, die die Produktionsmittel – und somit den Schlüssel zum Leben selbst – besitzen und kontrollieren, erdrückt und unterjocht. Und in Wirklichkeit ist selbst diese Minderheit Kräften untertan, die sie selbst nicht kontrollieren.

Entfremdung

Die vor kurzem verstorbene Margaret Thatcher hatte einst den Ausspruch getätigt: „Es gibt keine Gesellschaft.“ Als Aristoteles den Menschen als politisches Lebewesen (zoon politikon) bezeichnete, meinte er: Der Mensch ist ein soziales Lebewesen. Der Schlüssel zu jeglicher menschlicher Entwicklung (inklusive Denken und Sprache) ist soziale Tätigkeit und diese hat ihre Wurzeln in kollektiver Arbeit. Hegel sagte, dass die Vielfalt des Charakters einer Person die Vielfalt seiner sozialen Verhältnisse darstellt. Eine Person, die auf einer einsamen Insel strandet oder für viele Jahre in Einzelhaft festgehalten wird, würde feststellen, dass ihre Fähigkeit zu denken und zu kommunizieren ernsthaft beeinträchtigt wird.

Kapitalismus neigt zur Isolierung, Atomisierung und Entfremdung von Menschen, denen beigebracht wird sich selbst als „Individuen“ zu sehen. Dies spiegelt die soziale Realität des Bürgertums und des Kleinbürgertums, die unentwegt gegeneinander konkurrieren, wider. Dies findet seine Widerspiegelung auf den Gebieten der Politik, der Religion und der Philosophie. In den Konfessionskriegen im 16. und 17. Jahrhundert focht das Bürgertum seine ersten großen Schlachten gegen den Feudalismus, als die Protestanten für jedes Individuum das Recht einforderten, Gott auf seine Weise anzubeten.

Der bürgerliche Individualismus war eine progressive Kraft in der Periode des kapitalistischen Aufstiegs, als das Bürgertum noch in der Lage war die Produktivkräfte zu entwickeln und den Horizont der menschlichen Zivilisation und Kultur zu erweitern. Das ist aber schon lange nicht mehr der Fall. In der Epoche des kapitalistischen Niedergangs wurde aus dem Individualismus bloßer Egoismus, Selbstsucht und Unmenschlichkeit. Er erzeugt Gleichgültigkeit gegenüber anderen und schürt eine barbarische Gesinnung und ein Verhalten, das das eigentliche Fundament der Kultur und unserer Zivilisation zu untergraben droht. Wir alle glauben gerne, dass wir „frei“ sind zu tun was wir wollen. Aber das ist nicht der Fall. Der deutsche Philosoph Leibniz (1646-1716) hatte einst gemeint, wenn eine Magnetnadel denken könnte, würde sie sich ohne Zweifel vorstellen, dass sie aufgrund ihres freien Willens nach Norden zeigt. Darwin wollte im 19. Jahrhundert aufzeigen, dass der Mensch keine spezielle Schöpfung des Allmächtigen ist, sondern dass er sich aus der Tierwelt entwickelte. Im 20. Jahrhundert bewies Freud, dass viele unserer Handlungen unbewusst sind und der „freie Wille“ geradezu eine Illusion ist.
Nichtsdestotrotz haben Männer und Frauen in jeder Epoche versucht diese Fakten zu leugnen und einen speziellen, privilegierten Status für menschliche Wesen in der großen Ordnung der Dinge geltend zu machen.

Die bloße Vorstellung, wonach wir keine freien Akteure sind und wonach unsere Handlungen von Kräften, die wir nicht verstehen und kontrollieren, bedingt sind, ist zutiefst abstoßend für uns. Jedoch wahre Freiheit – wie Hegel erklärte – ist nicht die Leugnung von Notwendigkeit, sondern die Einsicht in die Notwendigkeit. Das Bewusstsein ist durch die physische Umwelt bedingt. Wäre Albert Einstein in einer Bauernhütte in einem indischen Dorf geboren worden, hätte er aufgrund seiner angeborenen Intelligenz vielleicht ein Experte in Sachen Reisanbau werden können. Aber glaubt irgendjemand, dass er so die Relativitätstheorie entdeckt hätte? Trotzki stellte einst die Frage: „Wie viele Aristoteles hüten Schweine? Wie viele Schweinehirten sitzen auf einem Thron?“

Die ganze Weltanschauung des Bürgertums ist von Grund auf egoistisch, im Gegensatz zu jener der Arbeiterklasse. Marx erklärte, dass die Arbeiterklasse ohne Organisation nur Rohmaterial zur Ausbeutung ist. ArbeiterInnen sind im Rahmen kollektiver Arbeit dazu gezwungen zu kooperieren, wo die Produktionsweise eine gesellschaftliche und nicht eine individuelle ist. Ein Bauer kann sagen: Ich habe diesen Kohlkopf gezüchtet. Aber ein Arbeiter bei Ford kann nicht sagen: Ich habe dieses Auto hergestellt. Das Bewusstsein der ArbeiterInnen ist demnach natürlicherweise kollektiv. Die Kampfmethoden der Arbeiterklasse haben folglich auch gemeinschaftlichen Charakter: Streik, Generalstreik, Massenversammlungen und Massendemonstrationen. Individualismus ist das Kennzeichen für einen Streikbrecher, der seine eigenen egoistischen Interessen über die Interessen seiner ArbeitskollegInnen stellt. Deswegen lobt die kapitalistische Presse auch immer den „Mut“ des Streikbrechers, der angeblich für die „Freiheit des Individuums“ einsteht. Männer und Frauen machen ihre eigene Geschichte, indem sie für Veränderung und die Umgestaltung der Verhältnisse, die sie umgeben, kämpfen. Durch die Veränderung der sozialen Bedingungen verändern wir uns allerdings auch selbst. Die Vorstellung von einer unveränderlichen „menschlichen Natur“ ist ein tief verankertes Vorurteil, das jedoch keine faktische Basis hat. Die sogenannte menschliche Natur hat sich im Laufe der Geschichte oftmals verändert – sie verändert sich ständig und wird sich in der Zukunft noch stärker verändern.

Wir leben in einer Welt der Entfremdung und der Irrationalität. In solch einer Welt sind vernünftige Gedanken unmodern. In solch einer Welt ist es besser überhaupt nicht zu denken. Am besten spiegelt sich dies in der Gehaltlosigkeit der modernen bürgerlichen Philosophie wider. Die Menschen fühlen, dass sie die Kontrolle über ihr Leben verloren haben. Die alten Werte verlieren mehr und mehr ihre Gültigkeit, und die Menschheit versinkt in Barbarei und Gewalt, was die Grundlage für eine zivilisierte und vernünftige Existenz zu zerstören droht.

„Aus Vernunft wird Unvernunft“, wie Hegel es ausdrückte. Die Entfremdung, die ein alles durchdringendes Merkmal der modernen bürgerlichen Gesellschaft ist, findet sogar in der Populärkultur ihren Ausdruck. Wie lässt sich diese eigenartige Faszination in Bezug auf Roboter erklären, die in Filmen meist dargestellt werden, wie sie der menschlichen Kontrolle entgleiten und die Welt übernehmen? In der Alptraumvorstellung solcher Filme haben „Dinge“ (Maschinen, Roboter) die Welt erobert und versklaven die Menschen. Jedoch ist dieser Alptraum bereits Realität geworden. In unserer Zeit werden Menschen zu Waren reduziert und Dinge (besonders Geld) sind den Menschen gegenüber erhaben. Der einzige Weg, um diese Art von Entfremdung aufzuheben, liegt in der Aufhebung ihrer materiellen Grundlage. Der einzige Weg, um irrationale Gedanken zu beseitigen, liegt in der Beseitigung der irrationalen Verhältnisse zwischen den menschlichen Wesen, wie sie in der kapitalistischen Gesellschaft vorherrschen. Der einzige Weg, das Gefühl der verlorenen Kontrolle über unser Leben und unser Schicksal loszuwerden, liegt in der Umwälzung der widersprüchlichen Produktionsverhältnisse und im Aufbau einer vernunftvoll geplanten Wirtschaft, in der alle Entscheidungen von den Menschen demokratisch getroffen werden. In einer solchen Gesellschaft – das heißt in einer sozialistischen Planwirtschaft – wird an die Stelle der Vorherrschaft der Dinge über den Menschen die Verwaltung der Dingen durch freie Männer und Frauen treten. Die Menschen werden dann nicht mehr Sklaven der Maschinen sein, sondern die Maschinen werden unsere gehorsamen Sklaven sein. Im Kapitalismus dient jeglicher technologischer Fortschritt der Ausdehnung des Arbeitstages und der weiteren Knechtung der ArbeiterInnen. Im Sozialismus werden die Menschen weniger arbeiten und das Leben genießen, anstatt immer länger und härter zu arbeiten, damit sich andere den erwirtschafteten Mehrwert aneignen können. Die überwältigenden Fortschritte auf den Gebieten der Wissenschaft und der Technologie im letzten Jahrhundert haben die Grundlage für eine derartige gesellschaftliche Umwälzung gelegt. Die Erkenntnisse, die die Wissenschaft über die Funktionsweise des Universums enthüllt hat, sind bei weitem faszinierender, aufregender und schöner als alle angeblichen „Offenbarungen“ der Religion. Durch die Revolutionierung ihrer gesellschaftlichen Lebensbedingungen wird die Menschheit den Weg für ihre eigene Transformation ebnen. Dies wird einen Schlussstrich unter die Vorgeschichte unserer Spezies ziehen. Wir werden dann erstmals beginnen, wie Menschen zu leben, zu handeln und zu denken; nicht wie Sklaven, sondern wie freie Männer und Frauen. Dies führt uns zurück zur vorher bereits zitierten dritten These über Feuerbach. Ihre Bedeutung lautet einfach ausgedrückt: Um das Denken zu revolutionieren, braucht es eine Umwälzung der Gesellschaft.

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