Kategorie: Wirtschaft

Autobahnprivatisierung - ein fetter Coup der Polit-Mafia

Seit einigen Jahren versuchen die Politiker der Großen Koalition, den BundesbürgerInnen eine Privatisierung der Fernstraßen schmackhaft zu machen. Dazu haben sie ein perfides Drama inszeniert.


Die Bundesregierung steht genauso wie frühere Regierungen von Seiten des Kapitals unter einen riesigen Druck. Vor allem deutsche Kapitalisten haben in den letzten Jahren Europa und den heimischen „Sozialstaat“ derart geschröpft, dass unvorstellbare Geldmengen zur Verwertung bereitstehen. Zudem brauchen die Banken mehr „Frischgeld“, das sie weiter weltweit in risikoreichen Anlagen verzocken können.

Demgegenüber steht der ungeheure Nachholbedarf an Investitionen im öffentlichen Bereich. Die falsche Spar- und Auszehrungspolitik der Staatskassen zugunsten der Reichen hat das Land heruntergewirtschaftet. Neben Schulen und dem Gesundheitssystem wurde die Verkehrsinfrastruktur besonders in Mitleidenschaft gezogen. Der „Investitionsstau“ liegt längst im dreistelligen Milliardenbereich. Die größten Investitionsdefizite bestehen aktuell in den Infrastrukturbereichen Straßen/Verkehrsinfrastruktur und ÖPNV, gefolgt von "Schulen und Kindergärten" sowie "Ver- und Entsorgung".

Die Politik der letzten Jahrzehnte hat sich mit der „Schuldenbremse“ und dem großmäuligen Geschwätz von der „Schwarzen Null“ selbst diese Situation gelenkt. Dazu kommt noch die Furcht vor der Bundestagswahl im September 2017. Die Regierenden versuchen mit fast schon mafiaartigen Methoden der Öffentlichkeit die Privatisierung von fast 13 000 km Autobahnen schmackhaft zu machen. Dazu muss der Bundestag aber mit 2/3-Mehrheit der Grundgesetzänderung zustimmen und ist die Zustimmung der reformistischen SPD nötig.

Nach langem Hin und Her legte das Kabinett im Dezember 2016 einen Kompromiss vor. Die Zustimmung der Bundesländer wurde mit einer Geldzusage erkauft. Weil 2019 der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II mit den Neuen Bundesländern auslaufen, müssen die Zahlungen zwischen Bund und Ländern neu geordnet werden. Der Bund hat sich bereit erklärt, ab 2020 den Ländern 9,52 Milliarden Euro zusätzlich jährlich zu überweisen, verlangt dafür aber mehr Kompetenzen in der Gesetzgebung. Die Länder überlassen den Ausbau und Erhalt der Fernstraßen dem Bund. Artikel 90 im Grundgesetz soll geändert werden. Er besagt, dass der Bund Eigentümer der Straßen ist und die Länder diese im Auftrage des Bundes verwalten, es sei denn, ein Land übertrage diese Aufgabe der bundeseigenen Verwaltung.

Nun soll die Verantwortung an eine neue Infrastrukturgesellschaft Verkehr übergehen. Die Minister Schäuble und Dobrindt behaupten, dass dies mehr Effizienz mit sich bringe, weil Finanzierung, Planung und Bau in einer Hand lägen. Zur Täuschung der SPD-Mitglieder und -WählerInnen spielte der bisherige Parteichef und Wirtschaftsminister Gabriel ein unwürdiges Kasperltheater. „Wir konnten durchsetzen, dass die Privatisierung von Bundesstraßen und Autobahnen ausgeschlossen wird“, teilte er den SPD-Mitgliedern mit.

Aber ist die privatrechtliche Autobahngesellschaft erst einmal gegründet, werden sich rasch auch Käufer für die veräußerbaren 49,5 Prozent Gesellschaftsanteil finden – etwa Versicherungen, Pensionsfonds oder Banken. Am Ende könnten die Autobahnen komplett in private Hände wandern. Kritiker befürchten einen Verlust von mindestens 30.000 Arbeitsplätzen. Gabriel machte sich – gewollt oder ungewollt – zum Hanswurst der Banken und Versicherungen, die nach Anlagemöglichkeiten für das angehäufte Kapital suchen.

Viele Organisationen wie GIB-Gemeingut in BürgerInnen-Hand (GIB), ver.di und der Bundesrechnungshof kritisieren die Autobahnpläne des Bundeskabinetts. Hinter der Privatisierung versteckt sich der bisher größte Coup der Entstaatlichung des deutschen Volksvermögens und Bereicherung der Kapitalisten in diesem Jahrtausend. Es ist unklar, ob nur Autobahnen in die neue Strukturgesellschaft aufgenommen werden. Andere Straßen, Brücken oder Tunnels könnten folgen.

Die Autobahn AG oder GmbH wird beim Straßenbau auf Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) setzen. Private Investoren bauen oder sanieren dann auf eigene Kosten Autobahnen und sorgen 25 oder 30 Jahre für den Betrieb. Die Autobahn-AG stottert die Kosten dafür ab, die sie sonst selbst hätten investieren müssen. Das kann für den Steuerzahler so richtig teurer werden. Würde der Bund für den Ausbau eigener Autobahnen Geld aufnahmen, wäre die Rückzahlung garantiert. Wegen des geringen Risikos liegen die Zinsen für Staatsanleihen nur bei 0,5%. Für risikoreichere Kredite an private Gesellschaften oder ÖPP würden Banken drei bis vier Prozent Zinsen erhalten. Das erklärt die emsigen Aktivitäten der Banken. Das ARD-Magazin „Kontraste“ berichtete, schon bei drei Prozent Differenz über die 30 Jahre, die man als Zinsen für so ein Geschäft zahlen muss, komme es pro Milliarde Autobahn-Kredit zu Mehrkosten von 390 Millionen Euro bei der Rückzahlung. Gezahlt wird das aus Steuern und Mauteinnahmen – zunächst nur aus der LKW-Maut, später möglicherweise auch aus einer PKW-Maut. Für den Straßenbau stehen dann nicht mehr, sondern weniger Gelder zur Verfügung – genau das Gegenteil von dem, was uns die verantwortlichen Politiker versprechen.

Die Autobahnprivatisierung dient nicht der Sanierung von Straßen und Brücken, sondern der fast schon kriminellen Schönung der Bilanzen von Allianz, Deutscher Bank und Co. Diese Bundesregierung betreibt mafiaähnliche Klientelpolitik für die Konzerne. Dies ist Betrug zu Lasten der Steuerzahler. Der Allgemeinheit werden Mittel entzogen, die dringend für eine ökologisch, nachhaltige Verkehrswende notwendig sind. Wir brauchen eine schrittweise Zurückdrängung des Autos als Hauptverkehrsträger und den Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln. Wertvolle Steuergelder werden an die Konzerne gehen anstatt in eine ökologische Verkehrswende.

Falls die SPD der Grundgesetzänderung im Bundestag zustimmt, so wäre es neben der Agenda 2010 ein weiterer eklatanter Verrat an den Interessen der Arbeiterklasse. Profitieren könnte die rechtspopulistische AfD, die sich auch nicht davor scheut, NPD-Positionen zu vertreten. Die Bundestagsabgeordneten der SPD haben es in der Hand. Bleibt die SPD weiter eine der aktivsten Stützen des Kapitals oder findet die Partei wieder zu ihren revolutionären Wurzeln zurück? So stellt sich auch in diesen Punkt die Existenzfrage. Nur müsste sich die SPD-Basis rasch von ihrer degenerierten Führung trennen. Aber dann noch vor der Bundestagswahl im Herbst!

LINKE und Gewerkschaften müssen gegen die Autobahnprivatisierung mobilmachen! Keine Zustimmung der Landesregierungen in Thüringen, Brandenburg und Berlin im Bundesrat! Infrastruktur und Verkehrswesen gehören vollständig in öffentliche Hände und unter demokratische Kontrolle! Und die Banken und Versicherungen gleich mit!

 

 

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