Kategorie: Deutschland

Inflation: Bundesregierung bedient nur die Reichen!

Energiekrise, Lieferprobleme, Nahrungsmittelkrise, Teuerung. Der Lebensstandard der Massen ist von einem direkten Niedergang ergriffen. Doch nicht alle trifft es gleich. Während Politiker Entbehrungen von der Bevölkerung fordern, werden Unternehmen mit Geldfluten versorgt. Die Bundesregierung und die Kapitalisten bekämpfen Feuer mit Feuer.

Bild: der funke


Die offizielle Inflationsrate lag im Juni bei 7,6 Prozent. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise im Mai 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat für „Güter des täglichen Bedarfs“ um 17,9 Prozent. Das, was jeden Tag zum Leben benötigt wird, kostet fast 18 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die „gefühlte Inflation“ (18 Prozent) – gerne als irrationaler „Konjunkturkiller“ herbeigeredet – entspricht also der Realität. Nicht das „falsche“ Gefühl der Leute hemmt die Konjunktur, sondern die Teuerung des Alltäglichen (Energiepreise durchschnittlich +38 Prozent und Nahrungsmittelpreise +12,7 Prozent), sorgt dafür, dass die Massen immer weniger Waren kaufen. Viele müssen bereits auf ihr weniges Erspartes zurückgreifen, um über die Runden zu kommen.

Die Welle der Teuerung ist zudem noch nicht gebrochen. Die Erzeugerpreise (Preise, die Hersteller vom Großhandel oder gewerblichen Kunden verlangen) sind nämlich noch viel stärker gestiegen, insgesamt um 33,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Fast sieben Mal so stark wie die offizielle Inflation, die sich auf die Verbraucherpreise bezieht. Die Erzeugerpreise von Energie waren im Mai 2022 im Durchschnitt 87,1 Prozent höher als im Vorjahresmonat, von Nahrungsmitteln 19,2 Prozent. Die Anstiege der Erzeugerpreise sind noch nicht vollständig als Verbraucherpreise an die Arbeiterklasse weitergegeben worden. Das Ifo-Institut sagt, dass die Unternehmen die Preise weiter in die Höhe treiben werden, um die Teuerung auszureizen.

Die Grundlage der Inflation ist die Geldpolitik der Zentralbanken (EZB, Fed, u.a.). Sie haben seit der sogenannten Finanzkrise von 2008 die Leitzinsen extrem gesenkt und die Geldhähne aufgedreht, um die Banken und die Weltwirtschaft zu retten. Mit bialligem Geld sicherten sie die Profite der Aktionäre. Die Geldmenge, die die Zentralbanken in Umlauf gebracht haben, hat sich in den vergangenen 20 Jahren beinahe verneunfacht. Das meiste landete in Spekulationsblasen. Mit den Maßnahmen in der Corona-Krise hat die Geldpolitik der Regierungen jedoch auch die tatsächlich zirkulierende Geldmenge in der Volkswirtschaft deutlich vergrößert. Geld, das nicht durch reale Werte in der Produktion abgedeckt ist, wurde an die Arbeiterklasse verteilt (z.B. Kurzarbeitergeld). Dabei lautet eines der grundlegendsten Gesetze der Volkswirtschaft: Verdoppelt man die Geldmenge, während die Warenmenge gleichbleibt, dann ist das Geld nur noch halb so viel wert.

Da braut sich was zusammen

„Was passiert in Deutschland, wenn der Wohlstand drastisch schwindet?“, lautet die Titelgeschichte des SPIEGEL (27/2022). Dort treibt sie die Frage um, ob „Deutschland eine Gelbwestenbewegung wie in Frankreich“ droht. Ab November 2018 ging dort eine Massenbewegung aus der Mitte der Gesellschaft – Arbeiter, Angestellte, Selbstständige, Rentner usw. – auf die Straßen. Sprit sollte teurer werden, das war der Tropfen, der das Fass bei vielen zum Überlaufen brachte. Die Bewegung lag außerhalb der Kontrolle der Arbeitermassenorganisationen und bürgerlicher Parteien. Sie hatte das Potenzial, die gesamte fünfte Republik umzukrempeln.

Dieses Schreckensszenario hält auch die deutschen Politiker und Bosse in Atem, denn sie wissen, dass das eine reale Perspektive ist. Die Massen erfahren die Widersprüche, aus denen sich die kapitalistische Krise speist, durch die Inflation am eigenen Leib. Der Lebensstandard der sogenannten Mitte der Gesellschaft bricht ein. Wenn in den nächsten Monaten die Jahresabrechnungen für Gas und Strom eintrudeln, die Ersparnisse aufgebraucht werden, Kredite nicht mehr bedient werden können, dann wird das für viele individuelle Tragödien sorgen. Diese werden wiederum einer kollektiven Antwort – d.h. einer sozialen Explosion – den Boden bereiten.

Wem helfen die Vergünstigungen?

Die Bundesregierung und die Kapitalistenklasse versucht, den drohenden Klassenkampf von unten hinauszuzögern. Dafür nimmt sie scheinbar jede Menge Geld in die Hand: 3,1 Milliarden Euro für die Erhöhung des Grundfreibetrags, 6,6 Milliarden Euro für die Abschaffung der EEG-Umlage, 2,5 Milliarden Euro für das 9-Euro-Ticket, 3,2 Milliarden Euro Tankrabatt. Über 15 Milliarden Euro, die vermeintlich den Massen zugutekommen würden. Doch der Schein trügt.

Der Tankrabatt ist ein Zuschuss an die Kraftstoffunternehmen. Die Regierung hat die Energiesteuer auf Kraftstoffe ab Juni für drei Monate gesenkt. Dem Finanzministerium zufolge sollten der Liter Benzin 30 Cent und der Liter Diesel 14 Cent günstiger werden. Doch nach einem kurzen Sinkflug, schrauben die Unternehmen die Preise wieder hoch. Dabei zahlen sie weniger Steuern und können dank hoher und steigender Preise größere Profite einfahren als vorher.

Mit der Abschaffung der EEG-Umlage – gültig ab 1. Juli – entfällt eine direkt auf die Stromrechnungen der Bevölkerung abgewälzte Subvention von Stromunternehmen. Die Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Absenkung an die Kunden weiterzugeben. Sie durften zwar den Arbeitspreis am 1. Juli nicht erhöhen, um die Subvention zu kompensieren. Doch wie die Tagesschau eingesteht, sind Strompreiserhöhungen, die „kurze Zeit später“ erfolgen können, „nicht gesetzlich verboten“. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Absenkung der Strompreise in Luft auflöst.

Für das 9-Euro-Ticket überträgt der Bund Geld aus seinen Steuereinnahmen an die Länder, die den Regionalverkehr bei der Bahn bestellen und das Geld entsprechend an den DB Konzern weiterreichen. Die Arbeiterklasse zahlt also ihre eigene „Vergünstigung“. Die Erhöhung des Grundfreibetrag und des Arbeitnehmer-Pauschbetrags sorgt dafür, dass 47 Euro des Monatseinkommens von der Lohnsteuer befreit sind. Das ist praktischer Zynismus.

Alle diese Maßnahmen zwingen die Arbeiterklasse zur Kasse. Wenn nicht unmittelbar, so in der Zukunft. Der Haushaltsentwurf 2023 und der Finanzplan bis 2026, die kürzlich von der Bundesregierung beschlossen wurden, lassen das klar durchblicken. Die Koalition aus SPD-Grüne-FDP hat folgendes vor: die Schuldenbremse wieder einhalten; damit beginnen die Schulden, die seit der Corona-Krise gemacht wurden (Rettungspakete für die Unternehmen) zurückzuzahlen; für diese Schulden höhere Zinsen zahlen, weil die EZB diese anheben wird; die Militärausgaben steigern. Die staatlichen Mindereinnahmen werden zwangsläufig in Kürzungen bei staatlichen Leistungen münden. Also zahlt die Arbeiterklasse doppelt: Jetzt höhere Preise für Energie und Essen und später gibt es weniger Soziales, Bildung, Kultur, usw. Klassische Umverteilung von unten nach oben.

Krieg, Geldorgie und Patriotismus

Dass die kommende Sparpolitik dramatische Ausmaße haben wird, lässt schon der staatliche Schuldenberg der Corona-
politik erahnen. Seit Beginn 2020 ist die staatliche Neuverschuldung um fast 420 Milliarden Euro gestiegen. Der größte Teil davon ist an die Unternehmen geflossen, die in derselben Zeit gewaltige Gewinne gemacht haben. Berechnungen des Handelsblattes haben ergeben, dass allein die 40 Dax-Konzerne 2021 netto 128,5 Milliarden Euro Gewinn gemacht haben. Im Jahr davor waren es 45,6 Milliarden Euro. Und das mitten im tiefsten Weltwirtschaftseinbruch der Geschichte.

Dieselben Konzerne rufen erneut nach der helfenden Hand des Staates, der die wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs, auf sich nehmen soll. Für den „Frieden“ und „unsere Werte“ sind die Kapitalisten nicht bereit, zu verzichten. Dabei sind sie weder unschuldig noch unbeteiligt an diesem Krieg. Im reaktionären imperialistischen Krieg in der Ukraine sind auch die Bundesregierung und die deutsche Kapitalistenklasse Kriegspartei. Um ihre imperialistischen Interessen – Einfluss und Kontrolle über Osteuropa, Zugriff auf billige Ressourcen und Arbeitskräfte in der Ukraine, Erweiterung des europäischen Markts, unwidersprochene Dominanz in der EU – durchzusetzen und auszuweiten, setzen sie darauf, den russischen Imperialismus zu schwächen. Ihre Kriegsmittel sind verschiedene Sanktionen, Öl-Embargo, Waffenlieferungen und Provokationen.

Die unmittelbarsten wirtschaftlichen Folgen sind steigende Gaspreise und dramatisch sinkende Gaslieferungen aus Russland. Russisches Gas ist für die gesamte Industrie und damit für den Kern der Wirtschaft überlebensnotwendig. Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 23. Juni die Alarmstufe des Notfallplans in Deutschland ausgerufen. Die Bundesnetzagentur geht von einem möglichen Totalausfall der Gaslieferungen aus. Damit wächst mit jedem Tag die Gefahr einer erneuten, aber noch tieferen Rezession in Deutschland und weltweit. Aber das ist den westlichen Imperialisten kein Anlass, von der Intensivierung des Kriegs Abstand zunehmen.

Sie lassen es sich was kosten, den Gegner zu schwächen. Die Arbeiterklasse wird bezahlen müssen. Jetzt durch Inflation und dann durch Sparpolitik und Massenentlassungen, wenn die Rezession einschlägt und viele Unternehmen dicht machen werden. Der Schuldenberg wächst dabei unaufhörlich. Die Bundesregierung hat schon am 8. April 2022 ein Maßnahmenpaket in Höhe von 100 Milliarden Euro geschnürt, „um von dem Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen zu stützen“, heißt deren Verluste zu vergesellschaften. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Rettungspakete mit jeder Vertiefung der Krise weiter anwachsen und doch nichts nachhaltig lösen können.

Verzichten aber zahlen

Aufgrund der Gas-Krise hat die Regierung das Gesetz zur Energiesicherung geändert. Zur Verärgerung von Unternehmerverbänden erlaubt es ihr künftig Unternehmen der kritischen Energieinfrastruktur unter staatliche Treuhänderschaft zu stellen, wenn die Versorgung gefährdet ist. Das heißt de facto verstaatlichen. Das zeigt, dass es mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln – dem Kern des Kapitalismus – keine Lösung für die Krise geben kann. Nur Vergesellschaftung kann Abhilfe schaffen. Aber von diesem Mittel wird die Regierung kaum Gebrauch machen und wenn doch, dann werden solche Unternehmen spätestens, nachdem die Krise vorläufig ausgebadet ist, wieder privatisiert. Dann bleibt wieder die Arbeiterklasse auf den Schulden sitzen. Das haben wir schon in der Finanzkrise von 2008 erlebt.

An anderer Stelle lässt die Änderung des Energieversorgungsgesetztes die Unternehmerherzen umso höher schlagen. Es erlaubt Gasanbietern, im Falle eines Gasmangels, sofortige Preiserhöhungen über die gesamte Lieferkette bis zum Endkunden weiterzugeben. Das würden die meisten Haushalte nicht stemmen können. Gewaltige Verschuldungen und Insolvenzen vieler Arbeiterfamilien wären unausweichlich. Gleichzeitig wird der Bevölkerung der Verzicht quasi staatlich verordnet: nicht heizen, kürzer und kälter duschen, leihen statt kaufen, usw.

Vergesellschaften, aber richtig!

Der bürgerliche Staat ist in Wirklichkeit nur die Interessenvertretung des Kapitals. Er tut alles, um den Profit der Reichen zu sichern und den Kapitalismus als Ganzes vor dem Niedergang zu retten. Alles auf Kosten der Arbeiterklasse. Doch wie auch immer die Herrschenden versuchen aus dieser Krise von Teuerung und drohender Rezession herauszukommen, sie produzieren die Krisenbedingungen stets nur von Neuem und auf höherer Stufe. Der Kapitalismus, das heißt das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Anarchie des Marktes sind an ihre Grenzen gestoßen. Ein wachsender Schuldenberg hält das System am Leben, doch sobald die EZB damit beginnen wird, die Leitzinsen anzuheben, wird die Krise ihr nächstes Kapitel aufschlagen: steigende Inflation und wirtschaftliche Stagnation, womöglich gepaart mit heftigen Kriseneinbrüchen.

Den einzigen Ausweg liefert die Enteignung aller Schlüsselunternehmen, der Banken und Vermögen und ihre Überführung in eine sozialistische Planwirtschaft. Die Produktion und Verteilung müssen unter der Kontrolle und Verwaltung der Arbeiterklasse und ihrer Organisationen stehen. Wenn die Bevölkerung schon zu Kasse gebeten wird, um die Bäckerei zu retten, dann soll sie diese auch in Besitz nehmen. Die sozialistische Planwirtschaft ruft danach, in die Tat umgesetzt zu werden.

 

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