Kategorie: Deutschland

Proteste gegen die AfD: Klassenkampf statt liberale Phrasen!

Die Bundesrepublik wird von einer unvergleichlichen Protestwelle gegen die AfD erfasst. Sie stellt Weichen für ein kämpferisches Jahr 2024. Wie kann diese Bewegung erfolgreich sein und was können wir aus der Vergangenheit lernen?

der funke


Am 5. Februar jährt sich zum dritten Mal der sogenannte „Dammbruch von Thüringen“. Nachdem die regierende Koalition aus Linkspartei, SPD und Grünen in der Landtagswahl 2019 eine Mehrheit der Stimmen verfehlte, wurde Thomas Kemmerich (FDP) durch die Unterstützung der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt. Das entfachte eine spontane Massenbewegung über die Grenzen Thüringens hinaus. Bereits am gleichen Tag nahmen sich Tausende die Straßen, um gegen diesen „Tabubruch“ zu protestieren – mit Erfolg. Innerhalb von vier Tagen musste Kemmerich seinen Rücktritt verkünden und den Weg frei machen für die Wiederwahl Bodo Ramelows (Linkspartei) zum Ministerpräsidenten.

Darauf grub die Linkspartei ihr parlamentarisches Grab nur umso tiefer. Sie bildete eine Rot-Rot-Grüne Minderheitsregierung, ordnete sich damit dem Druck der Liberalen völlig unter und machte sich zudem von der Tolerierung durch die CDU abhängig. In dieser Konstellation hat die CDU de facto ein Vetorecht über die Landespolitik. Da müsste selbst dem fanatischsten Reformisten auffallen, in was für eine Sackgasse man sich mit dem eigenen Fetisch auf den Parlamentarismus gefahren hat. Doch die Linkspartei macht weiter wie gehabt. Dafür zahlt sie einen hohen Preis in Thüringen, wo sie in Umfragen bei 15 % steht (2019: 31 %). Bundesweit sieht es noch schlimmer aus.

Linksreformismus ganz rechts angekommen

Angesichts der eigenen Schwäche und dem Erstarken der AfD, die in Wahlumfragen Rekordwerte erzielt, könnte man annehmen, dass die Reformisten zur Einsicht kommen und den Kurs wechseln. Stattdessen gräbt sich die Linkspartei aber noch tiefer im Parlamentarismus ein.

Deutlich wird das an Ideen wie RRG-Kandidaturen. Manche LINKE-Politiker schlagen vor, dass sich die Parteien der derzeitigen Minderheitsregierung für die kommende Wahl darauf einigen, in jedem Wahlkreis nur den aussichtsreichsten Kandidaten der drei Parteien aufzustellen, während die beiden anderen diesen unterstützen. Sie fordern damit, dass die Linkspartei ihr Programm und ihr Selbstverständnis, für die Interessen der Armen und Ausgebeuteten zu sprechen, völlig aufgibt und offenkundig Teil des Establishments wird.

Parlamentarische Arbeit ist zwar ein Mittel der Arbeiterbewegung, für ihre Interessen zu kämpfen, aber weder das einzige noch das wichtigste. Insbesondere in der aktuellen Periode, der organischen Krise des Kapitalismus, trägt der Reformismus zum Erstarken der AfD bei, weil er sich blind den Sachzwängen des Regierens unterordnet, ohne jegliche Kampfperspektive außerhalb des Parlaments. Um die Rechten zu bekämpfen, müssen andere Mittel her. Die Anti-AfD-Proteste sind ein Wink in die richtige Richtung.

Eine Massenbewegung entsteht

Die Bewegung gegen Kemmerich war nur ein kleines Vorbeben, sie zählte zehntausende Demonstranten. Die aktuellen Massenproteste gegen die Deportationspläne der AfD und sonstiger Rechtsradikaler zeigen das Potenzial einer klassenkämpferischen Bewegung gegen Reaktion, Rassismus und Spaltung. Allein in dem Zeitraum vom 19. bis 21. Januar demonstrierten etwa 1,5 Millionen Menschen.

Damit hat die Anti-AfD-Bewegung aus dem Stand mehr Leute mobilisiert als es Fridays For Future in Deutschland an seinem Höhepunkt getan hatte. Beispielsweise in München oder Hamburg waren die Demonstrationen so groß, dass die Organisatoren sie wegen Überfüllung abbrachen   . Aber auch außerhalb der Metropolen war die Größe des Protests unvergleichlich. In verschiedenen ostdeutschen Städten wie in Jena oder Leipzig waren die Demonstrationen die größten seit der Wende.

Noch steht die Bewegung am Anfang und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie nach diesem ersten Höhepunkt zeitweilig abebbt. Doch in diesem Jahr wird es weitere Katalysatoren für das Aufflammen von Massenprotesten gegen die AfD geben: die Kommunalwahlen in neun Bundesländern am 26. Mai bzw. 9. Juni, die ebenfalls am 9. Juni stattfindenden EU-Wahlen sowie die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen (jeweils 1. September) und Brandenburg (22. September).

Bei diesen Wahlen wird die AfD Stand jetzt erdrutschartige Siege einfahren. Nicht nur könnte sie bei den Landtagswahlen die stärkste Kraft im Parlament werden, sie wird auch bei den Kommunalwahlen gute Chancen auf absolute Mehrheiten in einigen Kommunalparlamenten haben. Das wird der Anti-AfD-Bewegung frischen Wind bringen, sodass diese über das gesamte Jahr 2024 hinweg aufflammen wird.

Kein Vertrauen in die Liberalen!

Die Knackpunkte, die über den Erfolg oder Misserfolg der Bewegung entscheiden, sind ihr Programm und ihre Führung. Die gesamte liberale und konservative Presse feiert die Proteste und an der Spitze der Bewegung stehen bürgerliche Organisationen und im Wesentlichen die Parteien der Ampelregierung. Auch die CDU biedert sich an. Sie alle versuchen, dem Protest ein zahnloses Programm für „Demokratie“, „Freiheit“ und „Solidarität“ aufzustülpen. Ihr Ziel ist offenkundig: Sie wollen ihre schlechten Umfragewerte mit geheuchelter Empörung aufbessern und die Überreste der „politischen Mitte“ beisammen halten.

Fürsprecher der Bewegung sitzen auch in den Zentralen der DAX-Konzerne (SAP, Infineon, E.on, Deutsche Bank, Uniper, Daimler Truck …), des „Mittelstands“ und den Unternehmerverbänden. So erklärt etwa Joachim Nagel gegenüber dem SPIEGEL, dass er „als Bundesbankpräsident und als Bürger“ an den Protesten teilnehmen würde. Die Kapitalistenklasse fürchtet um den „Wirtschaftsstandort“, sprich um ihre Profite.

Die Mehrheit der Demonstranten wiederum eint die Ablehnung der AfD, des Rechtsradikalismus und Sorgen vor der zunehmenden Polarisierung. Stellenweise haben Redner und Demonstrierende die Ampelregierung sogar einerseits in ihrer Rolle als Wegbereiterin für den Aufstieg der AfD, andererseits für ihre Umsetzung von verschärften Abschiebegesetzen kritisiert. Dies zeigt, dass die Heuchelei der Regierungspolitiker nicht unbemerkt verhallt. Sie kritisieren die Deportationspläne der AfD, aber setzen selbst eine Politik der „Remigration Light“ durch.

Dem versuchen die Liberalen und die rechten Reformisten einen Riegel vorzuschieben. Thüringens Innenminister, Georg Maier (SPD), diffamierte Kritik an der Heuchelei der Ampel-Parteien als „spalterische Reden“. Die AfD sei „unser gemeinsamer Gegner“ und „Demokraten“ müssten zusammenhalten. Aber es kann kein „Gemeinsam“ mit den Parteien und Politikern geben, die arbeiterfeindliche Politik umsetzen. Sie tragen die Verantwortung für das Erstarken der AfD.

Wenn die Bewegung sich nicht aus der Umklammerung durch die „demokratischen“ Demagogen und das Kapital befreit, wird sie in eine völlige Niederlage steuern. Die Proteste mögen groß erscheinen, doch die Arbeiterklasse ist noch nicht in Aktion getreten. Solange das so bleibt, wird die AfD keinen relevanten Schaden nehmen.

Wie können wir gewinnen?

Dass die Ampelregierung auf den bisherigen Protesten teils scharf kritisiert wurde, ist ein erster richtiger Ansatz, dabei darf es allerdings nicht stehen bleiben . Appelle zum Schutz „unserer Demokratie“, die von den Ampel-Parteien und der CDU/CSU mit Demonstrationsverboten, verschärften Polizeigesetzen etc. ohnehin schon zerstückelt wird, können keine Perspektive für die Zukunft bieten. Vor allem auch deshalb nicht, weil eine gewaltige Mehrheit des Volks längst das Vertrauen in alle Parteien verloren hat.

Den Kampf gegen die AfD kann man nur erfolgreich führen, wenn das Programm auch eine Kampfansage gegen die Regierung, die CDU und den Kapitalismus ist. Doch die Führungen der DGB-Gewerkschaften verweigern sich einem solchen Programm. Auch sie rufen nur mit leeren Floskeln zum Protest auf und ordnen sich der Bundesregierung unter. Damit machen sie die Arbeiterbewegung weitestgehend passiv und den Protest zahnlos.

Die DGB-Gewerkschaften haben aber die Verantwortung, ein Programm in die Anti-AfD-Bewegung zu tragen, das die Wortführerschaft der Liberalen und Konservativen zu brechen vermag, in dem es die Interessen der Arbeiterklasse in den Mittelpunkt des Protests stellt:

  • Gegen alle Abschiebungen, gegen jede Spaltung! Den Kampf in die Betriebe tragen!
  • Schluss mit Prekarisierung und Arbeitsverbot! Arbeit mit Tariflohn für alle – mit und ohne deutschen Pass!
  • Gleitende Lohnskala, die die Löhne an die Inflation anpasst!
  • Absenkung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
  • Rücknahme der Kürzungspolitik! Die Reichen und Superreichen zur Kasse für den Haushalt!
  • Massive Investitionen in die Infrastruktur und Daseinsfürsorge durch die Konfiszierung der Vermögen und Profite!
  • Überführung aller Schlüsselbereiche der Wirtschaft (Banken, Finanzinstitutionen, Großkonzerne) in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten!
  • Arbeiterdemokratie statt Demokratie der Reichen!

So ein Programm würde den Interessensgegensatz zwischen Kapitalistenklasse und bürgerlicher Politik auf der einen und der Arbeiterklasse und Jugend auf der anderen Seite offenlegen. Die Ampelparteien, die CDU/CSU, die AfD, die DAX-Konzerne, der „Mittelstand“, sie alle würden sich geeint gegen so ein Programm und die Bewegung stellen. So ein Programm mit einer energischen Führung würde wiederum der Arbeiterklasse eine tatsächliche Kampfperspektive bieten und sie in Bewegung bringen.

Laut einer Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung laufen in diesem Jahr die Vergütungstarifverträge für etwa 12 Millionen Beschäftigte aus, während verschiedene Tarifverhandlungen aus dem letzten Jahr noch nicht vorbei sind. Dieses riesige Potenzial für eine Massenstreikbewegung müssen die Gewerkschaften nutzen und den Klassenkampf entfesseln.

Der DGB hat es in der Hand, Millionen in den Kampf zu führen gegen die arbeiterfeindliche Politik aller bürgerlicher Parteien, für gute Tarifabschlüsse und eine Arbeiterregierung, die es mit dem Kapital aufnimmt. So entzieht man den Rechten den Boden und legt gleichzeitig die Grundlage dafür, dass sich die Polarisierung der Gesellschaft zu einem offenen Klassenkampf gegen den Kapitalismus zuspitzt.

Wenn du die AfD erfolgreich bekämpfen willst, dann kämpf mit uns für ein Programm des Klassenkampfs und der sozialen Revolution in dieser Bewegung!

 

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