Kategorie: Deutschland

FAZ rückt „Hands off Venezuela“ und Thorsten Schäfer-Gümbel in die linksradikale Ecke

„Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“, lautet ein alter Werbespruch der FAZ. Was mag dieser „kluge Kopf“ wohl beabsichtigt haben, als er FAZ-Redakteur Volker Zastrow den Auftrag gab, den hessischen SPD-Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel in die linksradikale Ecke zu stellen, weil er vor Jahren einmal einen Aufruf der Kampagne „Hände weg von Venezuela“ (Hands off Venezuela – HOV) unterschrieben hat?



„Schäfer-Gümbel unterstützte linksextremistische Kampagne“, titelte die Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen am Samstagabend: „Der Spitzenkandidat der hessischen SPD für die Landtagswahl am 18. Januar 2009, Thorsten Schäfer-Gümbel, gehört nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zu den Unterstützern der linksextremistischen Kampagne „Hands off Venezuela“.
Ziel der Bewegung, die laut eigenen Angaben in dreißig Ländern aktiv ist, ist die „Solidarität mit der Bolivarischen Revolution“. Der „antiimperialistische Kampf Venezuelas“ solle unterstützt und die „ökonomische und politische Dominanz des Imperialismus in Lateinamerika“ durchbrochen werden.
Neben Schäfer-Gümbel haben auch die Linke-Politiker Lothar Bisky und Sahra Wagenknecht einen entsprechenden Aufruf der Bewegung unterschrieben (siehe Hands off Venezuela).“

Was war geschehen?

Wie viele SPD-Mitglieder, Gewerkschafter und Linke hatte der damals unbekannte Landtagsneuling Schäfer-Gümbel vor Jahren einen Appell der Kampagne „Hände weg von Venezuela“ unterschrieben, der sich aus aktuellem Anlass gegen die Einmischung der Bush-Administration in die venezolanische Innenpolitik ausspricht und das Selbstbestimmungsrecht des venezolanischen Volkes bekräftigt.

Darin heißt es wörtlich:
„In jüngster Zeit mehrten sich die Drohgebärden der Bush-Administration gegen Präsident Chávez. Diese aggressive Außenpolitik der USA stellt in Wirklichkeit eine direkte Bedrohung für die arbeitende Bevölkerung in Venezuela dar. Solch aggressive Töne aus dem Weißen Haus sind genau die Sprache, die bereits in der Vergangenheit zur politischen Vorbereitung von US-Interventionen in Vietnam, Kuba, Chile, dem Irak oder anderswo Anwendung fand.

Wir appellieren deshalb an unsere Freunde in der US-amerikanischen Gewerkschaftsbewegung gemeinsam mit uns diese Provokationen zu verurteilen und den größtmöglichen Druck auf die Bush Administration zu erzeugen, damit diese von derartigen Attacken Abstand nimmt.
Wir fordern das Recht des venezolanischen Volkes auf Selbstbestimmung und sagen Nein zu jeder Form der imperialistischen Einmischung.“
Diesen Aufruf unterschrieben zahlreiche Menschen, darunter auch etliche SPD- und PDS-Mitglieder, Gewerkschafter und Jugendliche und neben Thorsten Schäfer-Gümbel auch mehrere andere Landtagsabgeordnete. Für Thorsten Schäfer-Gümbel war eine solche Unterschrift ebenso selbstverständlich wie der Protest gegen den Golfkrieg 2003. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hingegen hat aus seiner Sympathie für George W. Bush und die US-Folterknechte in einem irakischen Gefängnis nie einen Hehl gemacht. Und zur Politik der Bush-Administration gehörte die Verstrickung seiner Geheimdienste in den Putschvesuch in Venezuela im April 2002 sowie der Ende 2002/2003 gestartete Versuch, durch Unternehmeraussperrung und Wirtschaftssabotage Chaos herbeizuführen und die demokratisch gewählte Regierung des Präsidenten Hugo Chávez zu stürzen. Viele westliche Medien verbreiteten über Venezuela und seinen Präsidenten viele Halb- und Unwahrheiten und etliche versuchten gar, die Einmischung der Bush-Administration zu rechtfertigen.

Vor diesem Hintergrund hatte sich 2003 die weltweite Solidaritätskampagne „Hands off Venezuela“ gegründet und für ihre Arbeit die folgenden Schwerpunkte gesetzt :
  • Solidarität mit der Bolivarischen Revolution in Venezuela und ihren demokratischen Charakter und ihren Kampf für die Befreiung aller unterdrückten Menschen in Venezuela
  • Ablehnung jeglicher Form von imperialistischer Einmischung in Venezuela
  • Herstellung direkter Kontakte mit der revolutionären Bewegung und den venezolanischen Gewerkschaften.
Viele der Namen von Menschen, die weltweit für unsere Appelle unterzeichneten, wurden ins Internet eingestellt. Dies hat dazu beigetragen, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und den Aktiven in der bolivarischen und Arbeiterbewegung in Venezuela den Rücken zu stärken. So „schlummerte“ auch der Name Thorsten Schäfer-Gümbel über Jahre auf einer ellenlangen Unterschriftsliste im Internet und niemand nahm daran Anstoß.

Warum gerade jetzt?

Was hat aber nun gerade jetzt den „klugen Kopf“ und seinen ausführenden Redakteur Volker Zastrow dazu veranlasst, diese Sache auszugraben und zu skandalisieren? Aufschluss darüber gibt ein groß aufgemachter Artikel in der FASZ vom 15. Dezember 2008, auf den Seiten 2 und 3, der einen weiten Bogen schlägt vom SPD-Landesparteitag über Thorsten-Schäfer-Gümpel, Hands off Venezuela und Sahra Wagenknecht bis hin zu HOV-Koordinator Hans-Gerd Öfinger und der hessischen LINKEN.

Das Motiv ist klar: Nachdem die Mainstream-Medien im Interesse der Großkonzerne, Banken, Flughafen-AG und nicht zuletzt der Amtsinhaber selbst monatelang gegen eine Abwahl der Regierung Koch durch SPD, Grüne und LINKE in Hessen agitiert haben, sollen jetzt – mitten im Landtagswahlkampf – das SPD-Führungspersonal und die hessische LINKE nach allen Regeln der Kunst als „Linksextremisten“ verunglimpft werden. Man wirft Dreck und hofft, dass irgendetwas hängen bleiben wird. Weil diese Kreise in fast zehn Jahren Koch so sehr verwöhnt wurden und ihnen selbst eine zahme Ypsilanti-SPD schon gegen den Strich geht, betätigten nun offensichtlich Heerscharen von Journalisten und Archivaren auf der Suche nach „Munition“ und durch das Netz – und entdeckten dabei Schäfer-Gümbels Namen.

Die Wirkung dieser FAZ-Kampagne gegen „Hands off Venezuela“ dürfte begrenzt sein. Zwar gaben einige rechtsextreme Websites am Sonntag die Skandalmeldung wieder, andere Mainstream-Medien bissen nicht an. Und gleichzeitig trug ein Beitrag in der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau dazu bei, die Verzerrungen gerade zu rücken und sachlich aufzuklären.

Thorsten Schäfer-Gümbel ist gut beraten, wenn er sich zu seiner Unterschrift bekennt und nicht gleich beim ersten Windstoß einknickt. Wir jedenfalls werden unsere Solidaritätsarbeit fortsetzen und gerade auch im hessischen Landtagswahlkampf und darüber hinaus deutlich machen: Eine andere Welt ist möglich und nötig. Venezuela zeigt – zumindest im Ansatz – dass eine Abkehr vom Neoliberalismus machbar ist. Hessen braucht den sozialen Regimewechsel.

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