Kategorie: Geschichte

Der deutsche Griff nach Kolonien: Profitjagd des Kapitals

Der deutsche Kolonialismus im engeren Sinne des Wortes war von kurzer Dauer, aber nicht weniger grausam und zerstörerisch. Bis heute wirken die Folgen der kolonialen Herrschaft fort – in den ehemaligen Kolonien, aber auch in Deutschland. Die Triebkraft hinter dem deutschen Kolonialismus – der Imperialismus – ist bis heute nicht besiegt. Die deutschen Banken und Konzerne plündern die Ressourcen und beuten die Arbeitskraft der ehemaligen kolonialen Welt bis heute aus.

Wikimedia Commons / Anton von Werner



Warum griff das deutsche Kaiserreich nach Kolonien?

Bis in die frühen 1880er Jahre hatte das in seinen Kinderschuhen steckende Deutsche Reich keine Kolonien. Die ersten Versuche kolonialer Besitzergreifungen der vorhergehenden Jahrhunderte scheiterten an der wirtschaftlichen und militärischen Schwäche des deutschen Flickenteppichs vor der Reichseinigung 1871. Auch danach war die Marine des Machtzentrums Preußen gegenüber den Kolonialmächten England, Frankreich, Holland, Belgien, Spanien und Portugal unterentwickelt. Das erklärt die zurückhaltende Position des reaktionären Reichskanzlers Otto von Bismarck bis in die 1880er Jahre in dieser Frage. Militarismus ja, aber um die Vormachtstellung auf dem europäischen Kontinent zu sichern.

Eine Vorreiterrolle der deutschen Kolonialpolitik spielten die großen Reedereien und Handelshäuser der norddeutschen Hansestädte. Die Unternehmer machten Expeditionen, (oft dubiose) Geschäftsverträge und Investitionen auf anderen Kontinenten und verlangten im Gegenzug zum Schutz ihrer Profite staatlichen Rückhalt. Der Druck auf der Reichsregierung wuchs und diese musste schließlich den mächtigen Kapitalinteressen folgen. Im Jahr 1884 hob Bismarck den deutschen Imperialismus auf eine höhere Stufe, indem er für das deutsche Kapital die ersten afrikanischen Kolonialgebiete besetzte.

Die Ausgangslage hatte sich geändert. Der deutsche Kapitalismus hatte sich nach der Reichseinigung schnell entwickelt. In wenigen Jahren entstanden staatlich gestützt industrielle und finanzielle Monopole, die die Wirtschaft beherrschten und auf Expansion drängten: mehr Rohstoffe, mehr Arbeitskraft, mehr Märkte, mehr Anlagemöglichkeiten. Ihre Geschäfte wollten sie durch den Staat mit Kanonenbooten, „Schutztruppen“ und „Erwerbungen“ von bewohntem Land abgesichert wissen.

In der imperialistischen Phase des Kapitalismus wachsen die Monopole, die Banken und der Staat zusammen. Letzterer wird zum entscheidenden machtpolitischen Hebel, den Expansionsdrang des Kapitals gegen Konkurrenten abzusichern und durchzusetzen: mit Zollschranken; Ausbau der Flotte, Errichtung von Hafenanlagen, Eisenbahnlinien und Straßen im Reich und in Übersee; Stationierung, Versorgung und Bezahlung von Militär; Finanzierung der Verwaltung etc. – alles durch Steuern für die Massen und Staatsverschuldung auf Kosten der nächsten Generationen der Massen. Industrie, Banken und Staat verschmolzen zu einer aggressiven und nimmersatten kapitalistischen Bestie.

Zum Höhepunkt umfasste das deutsche Kolonialreich – schönrednerisch als „Schutzgebiete“ deklariert – auf dem afrikanischen Kontinent die heutigen Staaten Namibia, Togo, Kamerun, Tansania, Burundi, Ruanda, daneben Teile von Gabun, Nigeria, Mosambik, Ghana, Tschad sowie der Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik. Im Pazifik die Marschall-Inseln, Samoa, Marianen, Neuguinea, Karolinen, und zwei Salomon-Inseln. In China das Gebiet Kiautschou. Die Gesamtfläche der Überseegebiete (ca. 2,6 Millionen Quadratkilometer) hatte die fünffache Größe der Reichsfläche und mehr als 12 Millionen unterdrückte Bewohner. Auch in Südamerika beteiligte sich das Deutsche Reich an der Plünderung von Rohstoffen sowie bestialischer Ausbeutung der Unterdrückten.

Vorbereitet und begleitet wurde die koloniale Expansion durch bürgerliche Kolonialvereine und Parteien. Die Kapitalisten entfalteten breitangelegt rassistische Demagogie in Zeitungen, Reklamen, Reichstagsdebatten und mit Menschenzoos. Auf verschiedenen Wegen – Propaganda, Kolonialwaren, Matrosenanzüge für Kinder – entfachten sie in den kleinbürgerlichen Schichten Hurra-Patriotismus und „Kolonialfieber“.

Die Arbeiterklasse konnte das im Großen und Ganzen nicht mitreißen, denn die kolonialen Interessen der Kapitalistenklasse und des bürgerlichen Establishments gingen einher mit wachsendem Militarismus auf Kosten der Ausgebeuteten in Deutschland. Als klar wurde, dass die Kolonien sich für die Arbeiterklasse und auch Schichten des Kleinbürgertums nicht lohnten, ebbte die Begeisterung schnell ab. So konnte sie nicht als Grund für die massiven Bemühungen der Reichspolitik zum Erhalt und Ausbau der Kolonien herhalten. Es lohnt deshalb der Blick auf einige Beispiele der wahren Profiteure und Drahtzieher der deutschen Kolonialzeit.

Deutsches Kapital auf dem afrikanischen Kontinent

Die wenigen Profiteure, die es gab, waren private Unternehmer und Kapitalgesellschaften, welche auf der Jagd nach Profit in die Weiten des afrikanischen Kontinents drängten. Nachfahren dieser Personen profitieren auch heute von den Verbrechen und Gräueltaten ihrer Vorfahren.

Ein Blick in die Geschichte zeigt Kontinuitäten und Parallelen bis heute auf. Beispielsweise bezogen die Unternehmerbrüder Stollwerck zur Kolonialzeit ihre Zutaten für Schokolade vornehmlich aus Kamerun. Das Lebensmittelunternehmen Stollwerck gibt es auch heute noch, genau wie die Verflechtungen der deutschen Kakaoindustrie mit dem afrikanischen Kontinent fortbestehen.

So konstant wie der deutsche Profit durch Kakao ist auch das durch den Kakaoan- und -abbau verursachte Leid der afrikanischen Bevölkerung und vor allem der afrikanischen Arbeiterschaft. Zwangsarbeit, Kinderverschleppung, Misshandlungen und weitere unmenschliche Bedingungen sind ein offenes Geheimnis der Kakaoindustrie.

Diese Beispiele verdeutlichen, wie zur Kolonialzeit ergaunertes und angehäuftes Kapital als Fundament für späteren wirtschaftlichen Erfolg diente. Denn auch heute zählt Deutschland sowohl im Import von Kakao als auch im Export von Schokolade zu den Weltmarktführern. Eine „Leistung“, welche ohne die mit historischem Blut getränkten Netzwerke und Strukturen aus kolonialer Zeit undenkbar wäre.

Betrachten wir das Hamburger Reederei- und Handelsunternehmen C. Woermann, an dem eindrucksvoll gezeigt werden kann, wie Unternehmen auch heute von der Bereicherung an den deutschen Kolonien vor über 100 Jahren profitieren. Der Kapitalist und Reeder Adolph Woermann übernahm ab 1880 das Unternehmen nach dem Tod seines Vaters, der auch Mitbegründer der heutigen Commerzbank war. A. Woermann war maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass Kamerun zum deutschen „Schutzgebiet“ wurde. Geschützt wurden das deutsche Kapital und der Profit vor Abgaben an andere Nationen und vor Widerstand durch die kolonialisierten Völker.

Mit den Kolonien kam der ganz große Erfolg Woermanns. Er war zum Beispiel als Mitglied des Aufsichtsrates der britischen „South West African Company“ daran beteiligt, mit Hilfe von einem 40 Millionen Mark hohen Startkapital ein Bergbaumonopol im heutigen Namibia zu erzwingen. Mit der erdrückenden Macht seines Kapitals kontrollierte Woermanns Reederei außerdem zeitweilig ein Viertel des gesamten Kamerunhandels. Dies brachte ihm die Stellung als größter deutscher Westafrikakaufmann sowie die des größten Privatreeders der Welt ein.

Die Stadt Hamburg profitierte von dieser Stellung Woermanns und anderer erfolgreicher „Afrika-Kapitalisten“. Sie galt bald als Kolonialmetropole des Deutschen Reiches. Unter anderem entstand in Hamburg eine ganze Industrie, die sich auf die Herstellung von billigem Branntwein spezialisierte, mit dem Ziel, diesen in die Kolonien zu exportieren und aus der sich ausbreitenden Alkoholsucht in der unterdrückten und traumatisierten afrikanischen Bevölkerung Profit zu schlagen. Der Handel mit Spirituosen machte zeitweilig ein Fünftel des gesamten deutschen Afrikahandels aus und wurde beinahe ausschließlich über Hamburg betrieben.

Durch den unbeschreiblichen Aufschwung, den Hamburg durch den Kolonialhandel erlebte, konnten sich die Stadt und ihr Hafen in einer Vorreiterposition etablieren. Der Hamburger Hafen ist heute der größte Seehafen in Deutschland und der drittgrößte in Europa. Das bürgerliche Establishment der Stadt Hamburg arbeitet diese Geschichte bewusst ungenügend auf. Lieber inszeniert sie sich auch heute noch als das „Tor zur Welt“ und malt dadurch ebenso wie der Urenkel eines weiteren Kolonialprofiteurs aus Hamburg – Carl Hagenbeck – eine zynische Karikatur der Wirklichkeit.

Totale Entwürdigung

Denn nicht nur natürliche Ressourcen und Arbeitskraft wurden zur Kolonialzeit vom deutschen Kapital ausgesaugt. Auch der Mensch selbst verkam zur Ware, aus dem Profit geschlagen wurde, wo es nur ging. So lockte oder verschleppte Carl Hagenbeck tausende Menschen aus den kolonialisierten Gebieten in das ferne Europa. Dort präsentierte er sie wie Tiere in seinem Zoo in Hamburg – gewaltige Propaganda-Shows für den Kolonialismus, benannt als „Völkerschau“, mit tausenden Ausstellern und vielen Millionen Besuchern.

Dort wurden keine fremden Kulturen und Lebenswelten gezeigt, sondern ausgedachte und inszenierte rassistische Stereotype. Die Menschenzoos dienten der herrschenden Klasse als Mittel, die Ideologie vom zivilisierten, überlegenen Europäer (dem „Herrenmenschen“) und des wilden, animalischen Fremden zu zeichnen und bei den Besuchern und darüber hinaus zu verankern.

Die ausgestellten Menschen kamen im Hamburger Hafen gekleidet in Anzug, Hut und Tasche an. Sie wurden dann nackt ausgezogen und in Verkleidungen gezwungen, welche diese oder jene „Kultur“ darstellen sollten. Nicht nur, dass die Verkleidungen und einstudierten Darbietungen der ausgestellten Menschen nichts mit ihrer Kultur zu tun hatten, wurden dieselben Menschen zudem oft dazu missbraucht, verschiedene „Kulturen“ auf den Schauen zu inszenieren, ja nach Vorstellung der Aussteller, was sie als besonders einträglich ansahen.

Durch diese menschenverachtende Zurschaustellung wurden die Lüge von der zivilisierenden Wirkung des Kolonialismus und das Kolonialprojekt gerechtfertigt und erweitert. Es ist wichtig anzumerken, dass Hagenbeck seine „Ausstellungsware“ nicht ausschließlich aus den deutschen Kolonien bezog, auch nach dem „Verlust“ der deutschen Kolonien fanden in Hamburg und Europa weiterhin Völkerschauen statt. Dieses Geschäft war so profitabel, dass Hagenbeck europaweit Menschenausstellungen organisierte. Der Zoo profitiert bis heute von seinem auf Gräueltaten aufgebauten Fundament.

So genießt Hagenbecks Tierpark noch immer ein hohes Ansehen, hier wird die Fernsehserie „Leopard, Seebär & Co.“ aufgenommen und vom NDR ausgestrahlt. Die Sendung zeigt Orte im Zoo, an denen im 20. Jahrhundert Menschen zur Schau gestellt wurden und an denen heute süße Elefanten herumlaufen.

Gleichzeitig verteidigt der Urenkel Hagenbecks die kolonialen Verbrechen öffentlich – der Zoo ist nach wie vor in Familienbesitz. Auf der Website des Zoos werden die menschenverachtenden Vergehen der Völkerschauen unkritisch mit fünf Sätzen abgespeist und die Schauen positiv dargestellt. Der Beitrag schließt mit der Behauptung: „Damals gaben die Völkerschauen einer breiten Bevölkerungsschicht erstmals Einblicke in fremde Kulturen und die Lebenswelt weit entfernt lebender Völker“ (Stand: 04.07.2023). Eine solche Darstellung ist an Zynismus und Heuchelei kaum zu überbieten. 

Folgen der deutschen Profitgier für die afrikanische Bevölkerung

Während einige wenige Kapitalisten profitierten, litten Millionen von Einheimischen unter der deutschen Kolonialherrschaft und dem deutschen Imperialismus. Dieser lieferte sich vor allem mit dem britischen und französischen Imperialismus einen Wettkampf. Die kapitalistischen Großmächte Europas hatten die Welt in Sphären aufgeteilt und kämpften um Ressourcen und Arbeitskräfte, welche es auszubeuten galt.

Wo sich die afrikanische Bevölkerung und Arbeiterschaft mutig und kampfbereit erhoben, wurden sie mit eisernster Faust und einer Gnadenlosigkeit niedergeschmettert, die ihresgleichen sucht. In Kamerun wurden große Bevölkerungsschichten enteignet und vom deutschen Kapital zur Arbeit gezwungen. Aufstände wurden durch das Reichsmilitär niedergeschlagen.

Im heutigen Namibia erhoben sich die Herero und Nama, welche zuvor durch die deutsche Kolonialherrschaft in äußerste existenzielle Not gerieten. Was folgte, war der erste deutsche Genozid im 20. Jahrhundert. Zwischen 1904 und 1908 wurden bis zu 100.000 Menschen durch das deutsche Militär unter der Führung von Lothar von Trotha wortwörtlich abgeschlachtet. Schätzungsweise 80 % der Herero wurden ausgelöscht. Dieser Völkermord wurde auf deutscher Seite durch das Auswärtige Amt erstmals im Jahr 2015 nach massivem öffentlichem Druck offiziell anerkannt.

2021 sagte die deutsche Bundesregierung finanzielle „Wiederaufbau- und Entwicklungshilfe“ an Namibia und die Nachkommen der Opfer zu. Jedoch zeigt die Geschichte, dass „Entwicklungshilfe“ an Bedingungen geknüpft ist, welche dem europäischen Kapital einseitige Handelsbeziehungen zu den ehemaligen Kolonien ermöglichen. So ist es nicht verwunderlich, dass das von der namibischen Regierung unterzeichnete Abkommen von den Opfervertretern als ungenügend angesehen wird. Sie fordern in einer Petition von 2022 eine Neuaufnahme der Gespräche, dieses Mal allerdings unter direkter Teilhabe der geschädigten Personengruppen.

Im ehemaligen Deutsch-Ostafrika (DOA) – dem heutigen Tansania (ohne Sansibar), Burundi und Ruanda sowie einem kleinen Gebiet in Mosambik – war die Situation ähnlich grausam. Selbst im Vergleich zu anderen Kolonien galt DOA als eine intensive Gewaltherrschaft. Hier litt die Bevölkerung sehr und wagte einen Aufstand. Ihrem gefürchteten Ruf nachkommend, demonstrierte die deutsche Kolonialmacht ihre Grausamkeit in der blutigen Niederschlagung des Maji-Maji-Aufstandes von 1905/06, welcher in seiner Opferzahl vergleichbar mit dem Genozid an den Herero und Nama ist.

Bis in die heutige Zeit hat der deutsche Kolonialismus barbarische Folgen. Mit seiner Politik des Teilens und Herrschens hat das deutsche Kapital Feindschaften zwischen Völkern, Ethnien und religiösen Gruppen geschaffen. Die elenden Zustände, die der Imperialismus durch die bewusste ökonomische Unterentwicklung des afrikanischen Kontinents hervorgebracht hat, sind die Grundlage, auf der diese Feindschaften nicht selten in bewaffnete Konflikte münden – geschürt durch die imperialistischen Mächte. Eine furchtbare Folge war der Genozid in Ruanda 1994.

Nachdem die europäischen Kapitalisten den afrikanischen Kontinent und seine Bevölkerung geplündert, zerrüttet und mit Barbarei überzogen haben, nehmen sie jetzt die dortigen Zustände als Vorwand, um dort weiterhin ihre Truppen einzusetzen, Ressourcen zu plündern und ihre geopolitischen Interessen durchzusetzen. Getarnt werden solche imperialistischen Militäreinsätze als humanitäre Blauhelm-Einsätze der UN z.B. im Ostkongo; als „Ausbildungsmissionen“ für Streitkräfte abhängiger Regime in rohstoffreichen Gebieten wie z.B. in Mali; oder als „Demokratie bringende“ Bombardierungen wie in Libyen. Die Barbarei – einst im Namen der Zivilisation, heute im Namen europäischer Werte und Demokratie – setzt sich fort, solange der Imperialismus nicht im Keim erstickt wurde.

Sackgasse reformistischer Politik

Der europäische Kolonialismus und Imperialismus und mit ihm auch der deutsche wurden oft durch die Ideologie des Sozialdarwinismus gerechtfertigt. Der kapitalistische Konkurrenzkampf führte zu imperialer Expansion und dadurch zur Legitimierung der eigenen Selbstvorstellung als Herrenvolk samt rassischem Überlegenheitsgefühl. Die Ideologie ermöglichte darüber hinaus unternehmerischen Absolutismus und die Ablehnung jeglicher Sozialpolitik – eine Mischung, die die unhaltbare Situation der kolonialisierten Völker weiterhin verschlechterte.

Darüber hinaus verstand sich der europäische Kolonialist als zivilisations- und kulturbringender weißer Ritter. Das Versprechen von „Zivilisation und Kultur“ wurde allerdings nie eingehalten. Die reichen Ressourcen werden bis heute geplündert; Kunst und andere Kulturgüter wurden zerstört oder gestohlen; die Folgen des Klimawandels treffen den Kontinent am härtesten; mindestens 40 Millionen Menschen sind auf der Flucht, Binnenvertriebene oder anderweitig Schutzsuchende; Kriege und Bürgerkriege, Hungersnöte und Massenelend plagen über eine Milliarde Menschen auf einem Kontinent, der alles hat, um seinen Bewohnern ein Leben im Überfluss zu ermöglichen.

Das Erbe der Kolonialzeit und das fortwährende Wirken des Imperialismus wiegen schwer. Was ist unsere Verantwortung als Marxisten in Deutschland und Europa?

Schon 1889 erklärte August Bebel, der Mitbegründer der SPD, dass „[…] das Wesen aller Kolonialpolitik die Ausbeutung einer fremden Bevölkerung in der höchsten Potenz“ darstellt. Und wenn auch die SPD und die Zweite Internationale in Worten gegen Kolonialismus, Imperialismus und Krieg auftraten, so organisierten sie den revolutionären sozialistischen Klassenkampf dagegen nicht in der Form, wie es notwendig gewesen wäre. Rosa Luxemburg kritisierte schon früh die eher passive Ablehnung der Kolonialpolitik und des Militarismus.

Mit der Zeit schlichen die bürgerlichen Ideen der Befürwortung der Kolonialpolitik zunehmend in die SPD ein – getragen von Revisionisten wie Eduard Bernstein und Gustav Noske. Den höchsten Ausdruck fand diese reformistische Degeneration darin, dass die SPD sowie die meisten anderen sozialdemokratischen Parteien der Zweiten Internationale ihre eigene herrschende Klasse im Ersten Weltkrieg unterstützen – mit Ausnahme der Bolschewiki in Russland und der serbischen Sozialdemokraten.

Die Russische Revolution 1917 war der Anstoß einer ganzen Epoche von Kämpfen gegen den Imperialismus und koloniale Unterdrückung. Die ersten vier Kongresse der Dritten Internationale tragen diesem Umstand Rechnung (siehe folgende Resolutionen Leitsätze über die Nationalitäten- und Kolonialfrage, Leitsätze zur Orientfrage). Dort finden sich Schätze revolutionärer Programmatik im Kampf für den Sozialismus in den vom Imperialismus abhängigen und unterdrückten Ländern, die bis heute Gültigkeit haben. Leider wurden die kolonialen Revolutionen, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, infolge der stalinistischen Degeneration der Sowjetunion nicht zur Knotenlinie der sozialistischen Weltrevolution. Daran gilt es heute anzuknüpfen und den Kampf auf einem echten sozialistischen und internationalistischen Programm fortzuführen.

Solidarität und gemeinsamer revolutionärer Kampf

Dieser Artikel hat anhand von mehreren Beispielen gezeigt, dass in Europa und Deutschland die damals erschaffenen Strukturen auch heute noch genutzt werden. Es lassen sich Strukturen und Prozesse von Kapitalisten, Unternehmen, Banken und Staaten kontinuierlich von heute bis in die Kolonialzeit zurückverfolgen. Die ehemalig kolonialisierten Gebiete werden dabei heute durch das europäische Kapital und den imperialistischen europäischen Block (EU) an einer nachhaltigen und unabhängigen Entwicklung gehindert.

Die Losung für uns ist also klar. 1915 formulierte Karl Liebknecht diesen Auftrag prägnant. Seine Worte sind heute, nicht nur in diesem Aspekt, aktueller denn je:

„Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.“ 

Wir treten ein für die Enteignung der deutschen Kapitalisten, der Banken und Konzerne und ihre Überführung unter die Kontrolle und Verwaltung durch die Arbeiterklasse auf der Grundlage eines gesamtgesellschaftlichen Plans. Wir kämpfen dafür, dass alle Verträge und Abkommen, die die Plünderung anderer Nationen zum Inhalt haben, völlig offengelegt und aufgehoben werden. Wir sagen, dass die Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen abgezogen werden muss. Wir wollen den deutschen Kapitalismus und Imperialismus vollständig überwinden. 

Bekämpfen wir hier in Deutschland unsere global agierenden Kapitalisten erfolgreich, so löst sich deren Würgegriff um die afrikanischen, südamerikanischen und asiatischen Länder und die dort arbeitenden Massen. Nur auf diese Weise können wir ihren Kampf um Gerechtigkeit und Freiheit effektiv unterstützen.

Unsere Solidarität gilt den Arbeiterinnen und Arbeitern sowie den Unterdrückten in aller Welt, insbesondere in den ehemaligen Kolonien. Wir unterstützen ihre Kämpfe gegen die imperialistischen Mächte und ihre eigenen Kapitalistenklassen. Der gemeinsame Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit für Sozialismus und Revolution ist die entscheidende Aufgabe, vor der die Menschheit heute steht.

Unser Ziel ist es, eine weltweite Planwirtschaft zu schaffen, die im Interesse alle arbeitenden Menschen auf der Welt ist. Nur wenn wir alle uns zur Verfügung stehenden Ressourcen und Technologien sowie das Wissen und die Fähigkeiten aller Werktätigen weltweit in einen harmonischen und solidarischen Plan einbeziehen, können wir bewusst und effektiv an der Lösung aller Menschheitsprobleme arbeiten. Dann werden wir eine Welt echter internationaler Solidarität und Kultur errichten, an der alle Menschen teilhaben und die jedem unabhängig von Geburtsort, Geschlecht, Glauben, Nationalität und Sexualität eine volle Entwicklung der Persönlichkeit als festes und gebrauchtes Glied der Gesellschaft ermöglicht.

 

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