Kategorie: Europa |
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Serbien: Proteste gegen NATO-Konferenz gewaltsam aufgelöst |
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Gegen die gewaltsame Auflösung einer Demonstration durch Polizeieinheiten in der serbischen Hauptstadt Belgrad haben die Initiatoren einer Bewegung gegen die derzeit vor Ort stattfindende NATO-Konferenz über eine strategische Militärpartnerschaft protestiert. | |||
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Wie Genosse Goran Musić mitteilte, einer der Organisatoren des Anti-NATO-Protestes, wurden am Sonntagvormittag Teilnehmer einer friedlichen Protestdemonstration von Polizeikräften in der Belgrader Innenstadt festgenommen. Ihnen wird in laufenden Schnellverfahren die „Störung der öffentlichen Ordnung“ und „Behinderung der Polizeieinsatzes während einer Festnahme“ vorgeworfen. Die Polizei weigere sich, Informationen über die Festnahme zu veröffentlichen, so Musić. Er gehe davon aus, dass die Festgenommenen und Angeklagten in den Schnellverfahren „nicht in der Lage sein werden, sich angemessen zu verteidigen und mit Fotos und Filmaufnahmen nachzuweisen, dass ihr Protest absolut gewaltfrei war und auch keine öffentliche Ordnung gestört hat.“ Zudem wollten die Behörden auch keine Zeugen befragen, die den friedlichen Charakter des Protestes bestätigen könnten. Eltern und Freunde der Festgenommen, die sich am Montag im Radio- und Fernsehsender B92 nach dem neuesten Stand erkundigen und ihre Erfahrungen weitergeben wollten, wurden von Polizeikräften zum Verlassen des Senders gezwungen. Am Dienstag wurde bekannt, dass mehrere Demonstranten in den Schnellverfahren zu Haftstrafen zwischen 14 Tagen und einem Monat verurteilt wurden. Videoaufzeichnungen und Fotos auf der Website der Kampagne http://antinato.in.rs und in Facebook dokumentieren das Vorgehen der Polizeikräfte am Sonntagvormittag. Musić hatte zusammen mit anderen linken Aktivisten in Serbien die Kampagne gegen die dreitägige NATO-Versammlung gegründet, die am heutigen Mittwoch in Belgrad zu Ende geht. An ihr nehmen hochrangige Vertreter der NATO-Mitgliedsstaaten ebenso teil wie Regierungsmitglieder aus Serbien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro. Serbien gehört nicht der NATO an, ist aber seit 2006 im Rahmen der „Partnerschaft für den Frieden“ näher an sie herangerückt. Im Mittelpunkt der Konferenz steht dem Vernehmen nach die Weiterentwicklung der NATO-Strategie im Mittelmeerraum, im Mittleren Osten und in Südosteuropa. Über die Veranstaltung sei die serbische Öffentlichkeit in den allermeisten inländischen Medien überhaupt nicht unterrichtet worden, so Musić. Er selbst und die anderen Mitinitiatoren der Protestbewegung hatten davon erst durch einen NATO-Intermetauftritt erfahren. Belgrad, das im Frühjahr 1999 von NATO-Einheiten im Zuge eines Angriffskriegs heftig bombardiert worden war, sei „als Veranstaltungsort der NATO-Konferenz inakzeptabel“, heißt es in der Bündnisplattform, die sich „gegen alle Formen von Rassismus, Chauvinismus und religiösem“ Fanatismus wendet. Schließlich sei die NATO „nicht nur das Problem des Volks in Serbien, sondern der ganzen Welt“, so der Appell. Das Bombardement Serbiens sei „nur ein Glied einer langen Kette zerstörerischen, gegen die Menschheit gerichteten NATO-Aktionen, die heute auch in Libyen fortgeführt werden“, so der Aufruf zur Organisierung eines Protestcamps und einer friedlichen Demonstration. Weil sich die serbische Regierung jedoch in den letzten Tagen entschlossen zeigte, ein Gesetz rigoros anzuwenden, das Demonstrationen aus Anlass von zeitgleich stattfindenden hohen Staatsbesuchen verbietet, hatten die Organisatoren das geplante Protestcamp abgesagt. Schon in den letzten Tagen habe es ein hohes Maß an Repression gegen die Aktivisten der Anti-NATO-Kampagne mit Verhaftungen, Verhören und Drohungen durch die Polizei gegeben. Urheber des harten Vorgehens der Polizei ist laut Musić der serbische Innenminister Ivica Dačić. Er war zwischen 1992 und 2000, also während des NATO-Angriffskrieges, Pressesprecher der Sozialistischen Partei Serbiens des früheren Präsidenten Slobodan Milošević und ist seit Dezember 2006 ihr Vorsitzender. Seit Juli 2008 ist Dačić Vizepremier und Innenminister einer Koalitionsregierung mit der Demokratischen Partei. Offenbar wolle die Dačić-Polizei nun alle Stimmen gegen einen serbischen NATO-Beitritt zum Schweigen bringen, argwöhnt Musić. |