Kategorie: Europa

Griechenland: Keine Erpressung! Nein zu Schäubles Nein! Schluss mit Troika und Austerität!

Die Parlamentswahlen am 25. Januar brachten den linken Wahlsieg. Ein Ende des Austeritätsregimes wird es aber nur geben, wenn SYRIZA antikapitalistische Maßnahmen umsetzt.


 

Der Wahlsieg der Linkspartei SYRIZA war ein harter Schlag in die Magengrube des verschärften Austeritätsregimes, das seit Beginn der Krise vor mehr als sieben Jahren in der EU herrscht. In ihren ersten Ankündigungen hat die neue Regierung in Athen betont, dass jetzt die Wahlversprechen (das „Programm von Thessaloniki“) umgesetzt würden. In den Wochen nach der Wahl konnte SYRIZA damit auch ihre Unterstützung in der Bevölkerung zusehends ausbauen und nach Umfragewerten auf 45 Prozent hochschnellen. Griechenlands Finanzminister Varoufakis sprach schon vom Ende der Troika. In ganz Europa hat dieser Wahlsieg die Linke beflügelt. In Madrid demonstrierten 300.000 Menschen eine Woche später ihre Solidarität mit SYRIZA und ihre Forderung nach einer linken Wende im eigenen Land.
Unmittelbar nach den Wahlen haben wir geschrieben: „Die Bilanz der ersten beiden Tage seit dem Regierungsantritt ist beachtlich (Privatisierungsstopp usw.) und voll zu unterstützen. Doch diese Reformen sind eine offene Herausforderung an das griechische Kapital und die Troika. Der offene Konflikt ist unter diesen Umständen vorprogrammiert. In gutem Einvernehmen mit diesen Kräften ist dieser Weg nicht zu beschreiten. Früher oder später wird SYRIZA vor der Entscheidung stehen: Ergreifen wir Maßnahmen gegen die Verfügungsgewalt der KapitaleigentümerInnen und zur Überwindung des Kapitalismus oder nicht? Um diese Frage kann sich Syriza-Regierungschef Alexis Tsipras nicht ewig herumschwindeln.“


Das Abkommen vom 20. Februar


Und die Gegenreaktion ließ nicht lange auf sich warten. Griechenland braucht „frisches Geld“, damit es seine Gläubiger weiter zahlen kann. Und diese Situation nutzte die EU, allen voran Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble, um SYRIZA die Grenzen ihrer Politik aufzuzeigen. Dass SYRIZA in diesem Konflikt mit der Troika die Massen hinter sich weiß, zeigte sich bei mehreren Großdemos unter dem Motto „Wir lassen uns nicht erpressen!“ Im entscheidenden Moment ging Tsipras aber vor dem Druck aus Berlin und Brüssel in die Knie. Das sogenannte Abkommen zwischen Griechenland und der Eurogruppe ist ein beinhartes Diktat, das im Großen und Ganzen die Austeritätspolitik festschreibt. Griechenland kann einseitig keine der Maßnahmen, die bisher von der Troika (die jetzt „die Institutionen“ genannt wird) aufgezwungen wurden, rückgängig machen. Alle Änderungen vom bisherigen „Reformprogramm“ müssen von der EU genehmigt werden. Einmal mehr zeigt sich, welchen Stellenwert der demokratische Wille der Bevölkerung hat, wenn er den Interessen der Gläubiger entgegensteht. Wenn die Regierung in Athen sich nicht dem Diktat der EU gebeugt hätte, wäre das Land pleite. Ein Unterhändler sagte: „Ohne ein Abkommen hätten wir sofort Kapitalverkehrskontrollen einführen müssen, das Land wäre zusammengebrochen.“ Jetzt bekommt Athen für vier weitere Monate Geld. Bis dahin ist für Tsipras & Co. der Spielraum im Kampf gegen die humanitäre Krise jedoch extrem gering.


Damit ist die ursprüngliche Strategie von Tsipras völlig gescheitert. Er ging davon aus, er einen Keil zwischen Frankreich, Italien und andere EU-Länder einerseits und Deutschland andererseits treiben könne. Deshalb auch der Besuch beim österreichischen Kanzler Werner Faymann in Wien. Doch außer hohlen Worte hat er in keiner Hauptstadt etwas erhalten. Keine Regierung wollte seine Forderung nach einem Schuldenschnitt und einer Überbrückungsfinanzierung unter völlig geänderten Regeln unterstützen. Das zeigte die einmütige Front der Finanzminister gegen Athen am 20. Februar in Brüssel.


Reform oder Revolution


Dass Tsipras diesem Abkommen zugestimmt hat, hat in der griechischen Linken eine heftige Debatte ausgelöst. Auch wenn die Führung der SYRIZA dies als wichtigen Teilerfolg verkauft, weil man Zeit gewonnen und angeblich mehr Spielraum habe, werden derzeit die Stimmen in den Reihen von SYRIZA lauter, die Tsipras scharf kritisieren. Großes Aufsehen hat vor allem Manolis Glezos erregt. Er gilt als lebende Ikone des Befreiungskampfes gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg und vertritt SYRIZA im EU-Parlament. Der 91jährige Glezos hat das Abkommen als „Schande“ bezeichnet. Er entschuldigte sich sogar bei der griechischen Bevölkerung dafür, dass er die Illusion, die seine Partei in eine für Griechenland positive Verhandlungslösung geschürt hatte, mitgetragen habe. Wenn es die Entscheidung gebe zwischen Freiheit und Unterdrückung, dann wähle er die Freiheit. Glezos fordert sogar die Basis auf, zu „reagieren, bevor es zu spät ist“. Notwendig sei ein außerordentlicher Parteitag, um dieses Ergebnis zu diskutieren. Und abschließend: „Ich weiß, dass es bei Verhandlungen nötig sein kann, Kompromisse einzugehen. Aber das ist für mich zuviel. Zwischen dem Sklaven und dem Herren kann es keinen Kompromiss geben.“ Kurz vor Redaktionsschluss hat auch der Liedermacher Mikis Theodorakis, die Stimme des Widerstands gegen die Militärjunta in den 1970ern, öffentlich Tsipras aufgefordert das Nein von Schäuble mit einem Nein zu beantworten!


Die Kritik an der Politik der SYRIZA-Führung wird am pointiertesten von der Kommunistischen Strömung in SYRIZA, der griechischen Sektion der IMT, vorgebracht. Sie gibt die Zeitung Epanastasi heraus und ist mit zwei GenossInnen im Zentralkomitee vertreten und hat von Anfang kritisiert, dass die Strategie von Tsipras einer Illusion gleichkomme, weil es auf dem Weg der Verhandlungen mit der EU (oder den einzelnen EU-Staaten) keine Lösung für die Staatschuldenkrise geben könne. Diese Prognose wurde jetzt sehr schnell zu hundert Prozent bestätigt.


In ihrer Stellungnahme zum Abkommen mit der EU schreibt Epanastasi: „Dieses Abkommen kommt einer völligen Kapitulation gleich. Es bedeutet eine Verlängerung des Memorandums und steht im völligen Widerspruch zu dem Mandat, dass die Regierung am Wahltag von den ArbeiterInnen und den Armen erhalten hat.“ Der Text ruft die Abgeordneten, die sich der Linken Plattform in SYRIZA zugehörig fühlen, dazu auf, im Parlament gegen die Unterzeichnung dieses Abkommens zu stimmen. Bei Redaktionsschluss haben sich drei Abgeordnete öffentlich gegen das Abkommen ausgesprochen (Sakorafa, Mitropoulos, Kouvelakis, der ein wichtiger Exponent des linken Flügels rund um den neuen Umweltminister Panagiotis Lafazanis. Dieser hatte immer wieder verlangt, dass es keine Abstriche vom Programm von Thessaloniki geben dürfe.


In Griechenland stellt sich jetzt die Frage, ob die Linksregierung die Austerität im Großen und Ganzen akzeptiert, oder ob sie einen Bruch mit diesem Diktat in Kauf nimmt bei der Umsetzung ihres Programms zur Lösung der humanitären Katastrophe.
Aus unserer Sicht gibt es für die griechische ArbeiterInnenklasse und die verarmten Bevölkerungsschichten nur einen Ausweg aus der Krise. Dieser läuft auf eine soziale Revolution und den Sturz des Kapitalismus hinaus. Dazu müssen die Massen aber selbst zum Motor der sozialen Veränderung werden, sich in den Betrieben und Stadtvierteln organisieren und für die Umsetzung eines Programms kämpfen, mit dem die Macht des griechischen und des internationalen Kapitals bricht. Das Programm der Kommunistischen Strömung in SYRIZA (siehe Kasten) zielt genau darauf ab. Unsere Aufgabe ist es diese Strömung zu stärken. In den kommenden Monaten steht der Kampf zwischen Reform und Revolution in griechischen Arbeiterbewegung auf der Tagesordnung.


Dokumentiert: Unser Programm für Griechenland

 

  • Einseitige Weigerung die Schulden zu zahlen – die griechische Bevölkerung muss von der Schuldenlast befreit werden!
  • Vergesellschaftung des Eigentums der Kirche. Einsatz dieser Ressourcen im Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit.
  • Überführung der Banken in öffentliches Eigentum unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiterbewegung. Schutz kleiner und mittlerer Einleger. Einführung staatlicher Kapitalverkehrskontrollen.
  • Vergesellschaftung aller Großbetriebe in der Industrie und im Handel ohne Entschädigungszahlungen für Großaktionäre, die von der Krise schon genug profitiert haben. Diese Betriebe sollen auf der Grundlage eines demokratischen Plans weitergeführt werden.
  • Abschaffung aller Privilegien für hohe Staatsbeamte. Beamtengehälter und – pensionen sollen die Höhe des durchschnittlichen Facharbeiterlohns nicht übersteigen.
  • Einführung von Arbeiterkontrolle in allen Großbetrieben, um den Kampf gegen Steuerhinterziehung wirksam führen zu können. Unternehmen, die die im Wahlprogramm von Thessaloniki vorgesehenen Reformen in der Steuergesetzgebung und im Arbeitsrecht nicht umsetzen, sollten umgehend enteignet werden.
  • Ein landesweites Komitee für Arbeiterkontrolle, deren Mitglieder in den Betrieben und Stadtteilen gewählt werden sollen, soll alle Staatsausgaben unter die Lupe nehmen.
  • Einführung eines staatlichen Außenhandelsmonopols zur Planung der Exporte und Importe und zum Aufbau von Handelsbeziehungen mit anderen Ländern.
  • Austritt aus der Eurozone und Ausgabe einer eigenen Währung. Für eine Außenpolitik, die künftig jedoch für eine ökonomische und währungspolitische Integration Europas auf einer sozialistischen Grundlage eintritt. Es braucht eine gemeinsame Währung als Ausdruck einer geplanten Wirtschaft, die die Bedürfnisse der Menschen über alles stellt. Das ist die bessere Alternative zum jetzigen Euro, der die Anarchie des kapitalistischen Marktes und die Krise des europäischen Kapitalismus widerspiegelt. Die Beibehaltung des Euro bedeutet eine Fortschreibung der Austerität. Nur ein Austritt aus der EU und der NATO erlaubt einen Bruch mit der wirtschaftlichen und militärischen Ausrichtung dieses kapitalistischen Blocks.

 

Quelle: Kommunistische Strömung in Syriza

slider unten de rev

bdk slider unten

veranstaltungen 2

werde aktiv 2

button deutsche rev homepage

Modulblock Shop

Modulblock DefenceMarxism