Kategorie: Kapital und Arbeit

Amazon und Klimakrise: Direkte Aktion oder internationaler Klassenkampf?

Am 26. November war „Black Friday“. Bei dieser neuen „Tradition“ bieten Online- und Einzelhandelsunternehmen – allen voran Amazon – eine Vielzahl von Verkäufen, Rabatten und Angeboten für die Massen an. Die riesigen Einkaufstouren bringen den Kapitalisten gewaltige Profite. „Extinction Rebellion“ hat dagegen mit „direkten Aktionen“ protestiert und blieb isoliert.

Bild: Stock Catalog, Flickr


Der „Black Friday“ ist aber auch Anlass für Proteste. In diesem Jahr nahmen Umweltgruppen den Amazon Konzern und den Black Friday ins Visier. Das Scheitern der COP26 ruft ins öffentliche Bewusstsein, dass das kapitalistische System machtlos ist angesichts der Klimakatastrophe. Auch Amazon trägt zum Klimawandel bei. In Großbritannien organisierte „Extinction Rebellion“ (XR) mehrere Blockaden in 13 Vertriebszentren im ganzen Land, um gegen die verschwenderischen Geschäftspraktiken von Amazon und die Behandlung seiner Mitarbeiter zu protestieren. Ähnliche Aktionen waren auch in Deutschland und den Niederlanden geplant.

Ein XR-Aktivist, der an einer Blockade in Dartford bei London teilnahm, sagte gegenüber The Guardian: „Wir müssen Amazon für den Schaden zahlen lassen, den es der Umwelt zufügt […] für den schrecklichen Schaden, den der Hyperkonsum unserem Planeten zufügt, indem er Emissionen, Giftmüll und ausgebrannte Arbeiter erzeugt, denen das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung in den meisten Ländern verweigert wird“.

So weit, so radikal. Doch es gibt nur ein Problem mit den Amazon-Protesten von XR: Amazon-Beschäftigte und Gewerkschaften protestieren bereits zur gleichen Zeit und wegen der gleichen Themen.

International kämpfen ist die Devise

„Make Amazon Pay“ ist eine globale Plattform von Gewerkschaften, NGOs und Umweltorganisation, deren Hauptziele unter anderem darin bestehen, die Arbeitsbedingungen der Amazon-Beschäftigten deutlich zu verbessern und Amazon für seine Auswirkungen auf die Umwelt zur Verantwortung zu ziehen. Sie riefen zu einem globalen Aktionstag am 26. November (dem Black Friday). Beschäftigte in „Erdölraffinerien, über Fabriken, Lagerhäuser und Datenzentren bis zu Firmenbüros in Ländern auf der ganzen Welt“ wurden in ihrem Appell zu Streiks und Protesten aufgerufen.

In Deutschland wurde die Aktion von der Gewerkschaft ver.di unterstützt, die ihre Mitglieder in den großen Versandzentren zum Streik mobilisierte. Nach Angaben von ver.di beteiligten sich bis zu 2.500 Beschäftige von Verteilerzentren in Rheinberg, Koblenz und Graben. Zu ähnlichen Streiks hat die Gewerkschaft CGT in Frankreich aufgerufen. In Großbritannien wird Make Amazon Pay von der GMB Union, dem TUC, Momentum, War on Want, der International Transport Workers' Federation und Labour Behind the Label unterstützt. Gemeinsam haben sie eine Liste von Forderungen aufgestellt, unter anderem:

  • Anhebung der Löhne der Lagerarbeiter, die oft unter schlechtesten Arbeitsbedingungen ausgebeutet werden

  • Stopp der Überwachung der Belegschaft durch Amazon

  • Ausdehnung des bezahlten Krankheitsurlaubs

  • Beendigung von Gelegenheitsbeschäftigung, Scheinselbstständigkeit, usw. sowie aller gewerkschaftsfeindlichen Aktivitäten

  • Verpflichtung zu Netto-Null-Emissionen bis 2030

Diese Forderungen unterstützen wir vollkommen. Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dass so viele Gewerkschaften den Kampf für den Klimaschutz mit dem Klassenkampf verknüpfen.

XR kann die Massen nicht erreichen

All dies und noch viel mehr muss einen ratlos zurücklassen angesichts der Aktionen von XR in Großbritannien. Bisher haben sie sich mit keiner Organisation oder Gewerkschaft, die an Make Amazon Pay beteiligt ist, zusammengetan, obwohl sie dem Anschein nach die gleichen Ziele verfolgen. Warum beteiligt sich XR nicht am Klassenkampf, den es angeblich unterstützt?

Im Vereinigten Königreich wurde kein einziges von XR blockiertes Verteilerzentrum im Rahmen der Initiative Make Amazon Pay bestreikt. Das zeigt die Schwächen der Plattform auf. Aber auch XR war nicht in der Lage, die Beschäftigten in den Verteilerzentren für ihren Protest zu begeistern und auf die Straße zu mobilisieren. Das liegt an den Ideen und Methoden von XR.

Es ist nicht das erste Mal, dass XR eine Gelegenheit verpasst hat, sich mit der Arbeiterbewegung zu verbinden. Im Jahr 2019 versuchte XR, Flüge am Flughafen Heathrow zu stören, um das Bewusstsein für die Klimakrise zu schärfen. Zur selben Zeit diskutierte das Flughafenpersonal in Heathrow darüber, in Streik zu treten. Ein Streik der Beschäftigten hätte den Flughafen lahmgelegt und dazu beigetragen, das Bewusstsein der Arbeiter zu schärfen. Hätte XR eine Aktion in Solidarität mit dem Flughafenpersonal in ihrem Kampf geplant, hätte dies auch dazu beitragen können, den Kampf für Klimaschutz mit dem Klassenkampf zu verbinden.

Jetzt sehen wir die gleichen Fehler bei den Amazon-Protesten. Der Unterschied zur Heathrow-Episode ist, dass Amazon als globales Unternehmen eine globale Belegschaft hat, die sich der Härten, die sie unter ihrem Ausbeuter erleiden, gleichermaßen bewusst ist. In dieser Erfahrung wurzelt der Internationalismus der Arbeiterklasse, weshalb Initiativen wie Make Amazon Pay entstehen. Der internationale Protestaufruf war eine wichtige Gelegenheit für die Umweltbewegung, sich mit der Arbeiterbewegung zu verbinden. Denn der Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt und die Ausbeutung der Arbeiterklasse im Kapitalismus ist ein und derselbe Kampf.

Eine Frage der Klassenperspektive und des Programms

Im Grunde ist XR keine Massenorganisation, sondern eine Aktionsgruppe. Mit schlagzeilenträchtigen isolierten „unpolitischen“ bzw. „überpolitischen“ PR-Aktionen hofft sie die notwendigen Veränderungen in der Gesellschaft herbeiführen zu können. Aber Aktionen, die nur der Form nach radikal sind, dem Inhalt nach allerdings keine Klassenperspektive für Arbeiterklasse bieten, können nur dazu beitragen, die Massen abzustoßen. Die Geschichte hat diese Grenzen der direkten Aktion immer wieder aufgezeigt. Auch XR ergeht es so.

Für die Amazon-Beschäftigten und die Klimabewegung kann XR keine wirksame Unterstützung leisten. Vor allem auch deshalb, weil die entscheidende Frage, die sich für die Umweltbewegung und die Beschäftigten von Amazon stellt, die Frage nach einem politischen Programm ist. XR sieht sich als „überpolitisch“ und vertritt deshalb keine klaren Ideen und hat kein festes Programm. Vor allem nimmt XR nicht die Perspektive der Arbeiterklasse ein und stellt sich nicht hinter ihre Interessen.

Make Amazon Pay wird bereits von anderen Umweltgruppen und NGOs unterstützt. Der Forderungskatalog der Plattform ist eine Mischung aus sozialen sowie Umweltforderungen und versucht, Kämpfe international zusammenzuführen. Auch wenn das ein Schritt in die richtige Richtung ist, ist ihr Programm im Kern reformistisch und zielt nur darauf ab, Stellschrauben im Hier und Jetzt zu verrücken. Dabei wird nicht beachtet, dass die Ausbeutungsverhältnisse von Amazon-Beschäftigten und die Zerstörung der Umwelt durch den kapitalistischen Profitzwang diktiert werden. Nur ein klassenkämpferisches internationales Bündnis der Arbeiterklasse und ihrer Organisationen, das eine revolutionäre sozialistische Politik verfolgt, kann die Klimakrise verhindern und die Ausbeutung der Arbeiterklasse beenden. Als International Marxist Tendency bauen wir eine solche weltweite revolutionäre Organisation auf, die die Arbeiterklasse aller Länder im Kampf für den Sozialismus vereinen will.

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