Kategorie: Kapital und Arbeit

Solidarität mit den Telekom-Beschäftigten - Ihr Kampf ist auch unser Kampf

Mit der am Montag beginnenden Urabstimmung ist ein großer, unbefristeter Streik bei der Deutschen Telekom in greifbare Nähe gerückt. Die Konzernleitung hält unvermindert an ihrer Absicht fest, rund 50.000 Beschäftigte in der Festnetzsparte T-Com und in Call-Centern in eigenständige Unternehmen mit längerer Arbeitszeit und deutlich geringerem Einkommen auszulagern.



Anders als in der Metall- und Elektroindustrie, wo in den letzten Tagen mit eindrucksvollen Warnstreiks um die Höhe einer Lohnsteigerung gerungen wurde, geht es bei der Telekom um den Versuch, eine Belegschaft und Gewerkschaft auf breiter Front in die Knie zu zwingen. Die Konzernleitung besteht darauf, für die von einem vorgesehenen Outsourcing betroffenen Beschäftigten die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich um 4 Stunden zu verlängern, die Einkommen um nominal 9 Prozent und durch weitere Nullrunden noch zusätzlich abzusenken und die Anrechnung von Arbeitszeiten (Erholzeiten, Anfahrt zu Kunden etc.) wesentlich zu verschlechtern. ver.di spricht von einer „existenzbedrohenden Wirkung“ der Management-Forderungen und hat errechnet, dass betroffenen Beschäftigten damit Einkommensverluste in Höhe von über 40% drohen können. Viele wären damit an oder unter der Armutsschwelle angelangt. In den letzten Wochen haben sich daher bundesweit bereits rund 50.000 Telekom-Beschäftigte an Warnstreiks beteiligt und damit ihre Kampfbereitschaft dokumentiert. Sie verdienen jetzt unsere volle Unterstützung.

Die Telekom schreibt mit einem Jahresüberschuss von rund 3 Milliarden Euro nach wie vor schwarze Zahlen. Doch Großaktionäre und Management sind damit nicht zufrieden und wollen die Rendite rigoros auf dem Rücken der Beschäftigten erhöhen.

Der Abwehrkampf bei der Telekom ist auch ein politischer Kampf. Seit den 90er Jahren wurde der einstmals bundeseigene Konzern schrittweise privatisiert. Nach wie vor hält der Bund – vorwiegend über die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – noch 30 Prozent der Telekom-Aktien und ist damit noch größer Einzelaktionär. Im Oktober 2006 hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Peter Struck, das Telekom-Management vor einem weiteren Stellenabbau gewarnt: „Der Bund hält zwar nur 30 Prozent der Aktien, aber wir werden Einfluss auf die Gestaltung dieses Unternehmens ausüben. Ich glaube nicht, dass die Telekom gut beraten ist, den Personalabbau weiter voranzutreiben“, so Struck in einem Presseinterview.

Was ist aus diesen Ankündigungen geworden? Von den 20 Mitgliedern des Telekom-Aufsichtsrates sind zehn, also die Hälfte, Arbeitnehmervertreter, darunter auch der DGB-Vorsitzende Michael Sommer. Auf der Seite der Anteilseigner sitzen als Vertreter des Bundes der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Thomas Mirow, sowie Ingrid Matthäus-Maier, Sprecherin des Vorstands der bundeseigenen KfW Bankengruppe. Beide sind SPD-Mitglieder. Beide könnten – im Sinne von Peter Strucks Drohungen – gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern die Outsorcing-Pläne von Konzernchef René Obermann zu Fall bringen. Doch in der SPD will die „Linke“ nicht wissen, was die Rechte tut.
Erst im letzten Jahr hatte die KfW 4,5 Prozent der Telekom-Aktien an die Londoner Blackstone Group International Ltd. verkauft, die in der Sprache des heutigen Vizekanzlers Franz Müntefering ein „Heuschrecken“-Anleger ist. Prompt bekam Blackstone einen Sitz im Telekom-Aufsichtsrat zugeteilt. Weitere Aufsichtsratsmitglieder sind direkte Vertreter und Spitzenmanager von Konzernen wie Continental, Linde, Postbank, Deutsche Lufthansa und Dresdner Bank.
Die Entwicklung der Deutschen Telekom zeigt, wie eine Privatisierung immer zu Lasten der Beschäftigten und der Allgemeinheit geht. Es gab keinen „Sachzwang“ für eine Privatisierung und Liberalisierung des Telekommunikationsbereichs – außer den Renditeinteressen von Besitzern hoher Kapitalvermögen, die schon vor 10 oder 20 Jahren in dieser Branche eine Goldgrube entdeckten. Andere Kapitalgruppen – wie die Düsseldorfer Corpus-Gruppe und die Morgan Stanley Bank – haben von der Vermarktung der ehemaligen Telekom-Grundstücke profitiert. Laut Financial Times Deutschland hat das von beiden getragene Gemeinschaftsunternehmen Sireo „für die Telekom Gebäude und Grundstücke für über 4 Mrd. Euro versilbert“.

Wer behauptet, die Privatisierung habe massive Preissenkungen im Telekombereich gebracht und sei daher positiv, der übersieht wichtige Fakten. Denn während etwa Ferngespräche billiger geworden sind, waren Ortsgespräche früher viel günstiger. Vor 20 Jahren konnte man noch für den Preis einer Gebühreneinheit zeitlich unbegrenzt ein Ortsgespräch führen. Auch die Telefonauskunft hat früher nichts gekostet, aber heute zahlt man für eine einmalige Auskunft durch ein Telecom-Callcenter 1,96 Euro.
Im Callcenter-Bereich findet ein unglaublicher Preiskampf und Verdrängungswettbewerb statt, der nur zu einem unguten Ergebnis führen kann. In manchen Fällen haben Großunternehmen ihre Callcenter zuerst in Billiglohnländer ausgelagerten und mussten sie dann wieder zurückholen, weil sie ein fatales Qualitäts- und Effizienzproblem hatten.

„Börsengang bedeutet Kapital einsammeln für irgendwelche Maßnahmen und grundsätzlich eine Abkehr von sozialen Errungenschaften, weil nur noch die Interessen einzelner Finanzinvestoren zählen. Ein Börsengang kann weder für die Beschäftigten noch für die Volkswirtschaft etwas Positives bringen. Die langfristige Wirkung auf die Allgemeinheit ist fatal“, bringt es der Wiesbadener Telekom-Betriebsrat Otto Seckler auf den Punkt und warnt gleichzeitig GewerkschafterInnen bei der Bahn vor einem Börsengang.

Alle Gewerkschafter, alle Linken, alle bewussten Menschen müssen in diesen Tagen an der Seite der Telekom-Belegschaft stehen. Ihr Kampf ist auch unser Kampf. Denn wenn sie verlieren, dann brechen morgen auch in anderen Bereichen die Dämme.

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