Kategorie: Kapital und Arbeit

Der Fall Schlecker – Ausbeutung mit System

Anton Schlecker ist der verhassteste Unternehmer der Republik. Noch vor Kurzem hätte er sich so viele Negativ- schlagzeilen und Kritik nicht träumen lassen. Hals über Kopf hat er seine Leiharbeitsfirma Meniar in Zwickau geschlossen und ihren Internetauftritt gekappt.



Dass der in Verruf gekommene Schlecker gelobte, ab sofort für seine XL-Märkte keine Leiharbeiter mehr über Meniar anzuheuern, ist Folge des massiven Drucks, den mutige Verkäuferinnen, Betriebsräte und ihre Gewerkschaft ver.di seit einem Jahr aufgebaut haben. Mit beharrlichem Einsatz erreichten sie eine Solidarisierung und ein öffentliches Echo, dem sich auch konservative Medien und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen nicht entziehen konnten. Wo der Widerstand wuchs, wurden Kündigungen verhindert. Schleckers ruiniertes Ansehen ließ offenbar auch die Umsätze in den XL-Märkten spürbar einbrechen.

ver.di hat nun alle Hände voll zu tun und spürt erste Wirkungen jahrelangen Engagements. So haben viele Verkäuferinnen erkannt, dass sie auf sich gestellt verloren sind und in bisher „betriebsratsfreien Zonen“ Interessenvertretungen aufbauen müssen. Nicht zufällig ist binnen eines Jahres die Zahl der regionalen Betriebsratsgremien im Konzern bundesweit von 120 auf 160 angewachsen.

Schleckers Angriffe haben inzwischen offenbar so viele Betroffene wach gerüttelt, dass allein 2009 über 1000 Schlecker-Beschäftigte in die Gewerkschaft ver.di eingetreten seien – Tendenz steigend. Das „brutale Vorgehen“ Schleckers mit Kündigungsbriefen und dem „Reinpressen“ in Meniar habe den Zulauf beschleunigt, so ein Sprecher von ver.di. In einigen Regionen sind mittlerweile fast alle Beschäftigten in ver.di organisiert.

All dies zeigt: Gewerkschaften können auch unter Schwarz-Gelb etwas anstoßen, und zwar nicht durch höfliche Diplomatie mit der Politik, sondern durch Mobilisierung und Bündnisarbeit. Nun könnten sich auch in bisher „betriebsratsfreien“ Schlecker-Regionen Betriebsräte bilden. Viele Verkäuferinnen fürchten jedoch weiter um ihre Existenz.

Dass die Sorgen der Verkäuferinnen berechtigt sind, zeigen aktuelle Ankündigungen Schleckers. „Wir müssen unser gesamtes Geschäftsmodell umwälzen“, so der Konzernchef, der in diesem Jahr weitere 500 Filialen schließen will. Ver.di geht davon aus, dass diese Zahl noch untertrieben ist.

Der Schlecker-Skandal hat die Spaltung im Arbeitgeberlager gefördert. „Schlecker hat es geschafft, unsere Branche in ein schlechtes Licht zu rücken“, klagt Ludger Hinsen vom Bundesverband für Zeitarbeit (BZA). Er blicke „mit Sorge darauf, was der Politik dazu einfällt“, kommentierte er die neu aufgeflammte Diskussionen über strengere Regeln.

Hinsen weiß, dass Zustände wie bei Schlecker/Meniar kein Einzelfall sind und auch bei anderen Handels- und Industriebetrieben zum Alltag gehören. Seine Sorgen um die Zukunft einer weitgehend überflüssigen Branche sollten für die Gewerkschaften Ansporn sein, um die Dynamik der Schlecker-Kampagne weiter zu treiben. Für die LINKE, Gewerkschaften und Betriebsräte sollte dies ein Ansporn sein, um über die Forderung nach strengeren Regeln und Aufhebung der 2003 beschlossenen Liberalisierung der "Arbeitnehmerüberlassung" hinaus das System der Leiharbeit generell in Frage zu stellen. Die Liberalisierung hat Gewerkschaften und Betriebsräte geschwächt und einige Profiteure reich gemacht.

LINKE-Bundestagsabgeordnete Jutta Krellmann hat am Donnerstag im Bundestag die Frage aufgeworfen, wozu angesichts zunehmender Flexibilität in der Arbeitswelt und der Möglichkeit befristeter Arbeitsverträge Leiharbeit überhaupt notwendig ist. In diesem Sinne hat sich jetzt auch DIE LINKE Baden-Württemberg für ein klares Verbot der Leiharbeit ausgesprochen. Leiharbeit ist eine moderne Form der Sklaverei und überflüssig. Sie lässt sich auch mit noch so vielen Stellschrauben nicht wirklich humanisieren. Ein Verbot wäre ein Alleinstellungsmerkmal der LINKEN, da SPD und Grüne, die 2003 mit der Liberalisierung solche Zustände möglich gemacht haben, die Leiharbeit nur erträglicher machen wollen, ohne sie ganz in Frage zu stellen.

Ob Hartz-Gesetze, Ein-Euro- oder Minijobs oder Leih- und Zeitarbeit: sie alle haben dazu beigetragen, dass die Rechte der Arbeitnehmer geschwächt wurden. Gewerkschaften sind in ihrer Handlungsfähigkeit gewaltig eingeschränkt worden. Junge Menschen erhalten heute so gut wie keinen Arbeitsplatz, ohne durch die Zeit- und Leiharbeit gejagt zu werden. Wer einen Leiharbeitsvertrag besitzt, hat Schwierigkeiten, bei der Bank einen Kredit zu erhalten oder eine Wohnung zu mieten. Die Gründung einer eigenen Familie wird so erheblich erschwert. Da das Geld in der Regel nicht reicht, werden Zweit- und Drittjobs angenommen. An ein normales gesellschaftliches Leben ist nicht zu denken. Das Überleben steht im Mittelpunkt. Vom kulturellen Leben sind diese Beschäftigten ausgeklammert.
Zeitarbeit/Leiharbeit wirkt disziplinierend auf Belegschaften und erschwert die Arbeit der Betriebsräte. Beschäftigten wird systematisch vor Augen geführt was passieren kann, wenn man heute einen neuen Job haben will. Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und die Aussichten bei einer Leihfirma zu enden, sorgt für eine selbstauferlegte Ruhe im Betrieb. Diese Politik der Unternehmer bietet Anreize für ein weiteres Absenken der Löhne und Gehälter. Durch Einsparungen beim Personal wird der Druck auf die Beschäftigten erhöht und der Profit zusätzlich gesteigert.

Durch den Vorstoß der Linksfraktion war Schlecker im November erstmals Thema einer Anfrage im Bundestag und die Leiharbeit generell Gegenstand einer zweistündigen Bundestagsdebatte am Donnerstag, 29. Januar 2010. Lassen wir nicht locker und bauen eine breite Widerstandsfront gegen Leih- und Zeitarbeit auf. Schlecker ist überall.

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