Kategorie: Kultur

Squid Game: Normaler kapitalistischer Horror

Nach dem Oscar-prämierten Film „Parasite“ feiert Südkorea mit Squid Game, der derzeit meistgestreamten Netflix-Serie aller Zeiten, erneut internationalen Erfolg. Bild: Streikende Arbeiter in Südkorea verkleiden sich in Squid Game Kostümen.

Bild: KCTU


Squid Game erzählt die Geschichte des glücksspielsüchtigen und hoch verschuldeten Gi-hun. Eines Tages erhält er eine mysteriöse Einladung zu einem Spiel, bei dem es um viel Geld geht. Er muss lediglich eine Reihe von bekannten Kinderspielen gewinnen und könnte genug Geld verdienen, um seine gesamten Schulden abzubezahlen. Für einen Spielsüchtigen ein sehr verlockendes Angebot, und natürlich willigt Gi-hun ein.

Nach seiner Zustimmung wird er mit Hunderten von Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen am Rande des finanziellen Ruins befinden, in eine Arena gebracht, wo sie von maskierten, bewaffneten Personen weitere Anweisungen bekommen. Dass sie es hier nicht mit einfachen Kinderspielen zu tun haben, wird allen Kandidaten schnell klar, nachdem in der ersten Runde alle Verlierer mit dem Tod bestraft werden. Die verzweifelten Teilnehmer von Squid Game müssen feststellen, dass sie sich in einem Spiel ums Überleben befinden.

Die Prämisse von Squid Game steht sinnbildlich für die brutale Realität des Kapitalismus. Die Serie ist mit ihrer Darstellung und Kritik nicht subtil. Das Turnier, in dem sich die Spieler befinden, wird von Eliten ausgetragen, die zusehen, wie arme Leute ums Überleben kämpfen. Für die superreichen Organisatoren ist das Leiden der normalen Arbeiterklasse zur reinen Unterhaltung geworden. Die Teilnehmer des Spiels sind für sie keine Menschen mehr, sie bezeichnen sie als Pferde, auf die sie wetten. Und mit jedem Spiel werden die Spieler mehr und mehr entmenschlicht und entfremdet.

Kapitalistische Realität

Aber es gibt weitere Nuancen, die den kapitalismuskritischen Ton der Serie verschärfen. Keiner der Kandidaten ist „gezwungen“ zu spielen. Und doch sind sie „freiwillig“ Teil davon – denn die reale Welt ist kein viel schönerer Ort. Und in diesem brutalen Wettbewerb, scheint es beinahe so, als gäbe es einen Ausweg für sie. So können sie zwar den Verlockungen des Gewinns entsagen und die Arena verlassen, aber wie es Teilnehmerin Mi-nyeo so schön ausdrückt: „Es ist genauso schlimm da draußen wie hier drinnen.“

Die brutale Realität des Kapitalismus spielt auch in den Lebensgeschichten der Teilnehmer eine große Rolle. Gi-hun kommt, nachdem er gefeuert wurde, nicht mehr auf die Beine. Darüber hinaus ist er traumatisiert, nachdem er mitansehen musste, wie ein Freund und Kollege bei einem Streik durch Polizeibrutalität ums Leben kam. Ali Abdul ist ein ausgebeuteter pakistanischer Einwanderer, der in Korea als Arbeiter im Grunde keine Rechte hat, da er sich dort illegal aufhält. Kang Sae-byeok floh aus Nordkorea auf die südliche Halbinsel in der Hoffnung auf ein besseres Leben, findet sich dort jedoch desillusioniert und in Armut gefangen wieder vor.

Gleiche Chancen für alle?

Auch wenn jeder einzelne Spieler theoretisch unbeschadet durch viele der Spiele kommen könnte, hängen die Gewinnchancen fast nur von Umständen ab, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Wie auch im echten Leben sind die eigenen Vor- und Nachteile rein zufällig, etwa in welche Familie oder in welchem Land wir geboren werden. Das Preisgeld schwebt unerreichbar – aber doch nah genug – über den Köpfen der Teilnehmer, um in ihrem Blickfeld zu bleiben. Wenn sie sich nur genug anstrengen, könnte es ihnen gehören!

Neben dem „Zuckerbrot“ gibt es auch die „Peitsche“: die Wächter der Arena, gekleidet in bedrohlichen roten Roben. Trotz ihrer Brutalität gegenüber den Spielern ist ihre Darstellung subtil genug, um zu zeigen, dass auch sie nichts weiter als ein Rad in einer Maschine sind und im Grunde genommen keine Autonomie haben. Sie dürfen keine Fragen stellen, sie leben, um Befehle auszuführen. Eine körperlose Stimme sagt ihnen, was sie zu tun haben, wann sie essen oder schlafen sollen.

Im brutalen Konkurrenzkampf des Squid Game ist Freundlichkeit ein Privileg, das man sich nicht leisten kann. Viele Kritiker behaupten daher, dass Squid Game eine These über die menschliche Natur vertritt. Aber Squid Game zeigt, wie die Umstände uns zu dem machen, was wir sind. Die Teilnehmer sind verzweifelt und wollen überleben. Die Serie zeigt, was mit Menschen passiert, die nichts mehr zu verlieren haben.

Vereinende Lebensrealität

Die Schicksale von Gi-hun, Ali etc. sind sehr alltäglich und in irgendeiner Weise jedem bekannt. Squid Game ist gerade deshalb so nachempfindbar und weltweit populär, weil der Kapitalismus überall versagt hat und überall die gleichen Lebensrealitäten und Schicksale erzeugt. Es ist sicherlich kein Zufall, dass sowohl Parasite als auch Squid Game, die den größten weltweiten Erfolg erzielt haben, beide zutiefst kapitalismuskritisch sind. Einer der Superreichen der Show, der den Wettbewerb live verfolgt, kommentiert, dass Koreas Spiele die besten sind – eine Aussage, die impliziert, dass Südkorea nicht das einzige Land ist, das Turniere wie dieses organisiert. Das ist eine der prägnantesten Aussagen der Serie. Der Erfolg von Squid Game ist einfach zu erklären: Im Kapitalismus sprechen wir alle die gleiche Sprache.

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