Kategorie: Kultur

Schlechter geplant als der Hamburger Aufstand 1923

Zum Anlass des 100-jährigen Jubiläums des Hamburger Aufstandes zeigt das Museum für Hamburgische Geschichte eine kleine Ausstellung zum Thema mit dem etwas befremdlichen Namen: „Hamburg 1923: Die bedrohte Stadt“. Wir beschlossen, als Hamburger Sektion einmal vorbeizuschauen. Schon aufgrund des Titels erwarteten wir eine mehr oder weniger bürgerliche Verzerrung der Ereignisse, aber zumindest doch auch eine Fülle an Originalmaterial, Daten und Fakten. Falsch erwartet.

der funke Hamburg


 Die Ausstellung findet in einem kleineren Nebenraum des Museums statt. Sie besteht zum größten Teil aus einigen Fotos mit kurzen Texten, die wenig über eine Beschreibung hinausgehen („Eine erstürmte Barrikade“, „Zeitungsartikel ,So hausten die Kommunisten’“, „Hamburger Polizei, Reichswehr und ein Panzerwagen in Hamburg-Barmbek“), und einigen lieblosen Papp-Aufsteller von Personen wie „der Feuerwehrmann“, darauf schwer einzuordnende Anekdoten.

 Eine Wand enthält Plakate aller Parteien von KPD bis NSDAP (die damals keine Rolle spielte), daneben in der Ecke ein Maschinengewehr, ohne weitere Erläuterungen. Den Kontext der revolutionären Zeit sucht man vergeblich. Der Aufstand erscheint wie sinnloses Chaos, aus heiterem Himmel das sonnige Hamburg erschütternd. Die SPD ist dargestellt als bemitleidenswerte Ordnungshüter, die beim Franzoseneinmarsch (im Ruhrgebiet) und Kommunistenterror (in Hamburg) verzweifelt die harmonische Weimarer Ordnung aufrecht zu erhalten versuchten. Aus der knapp zwei Stunden langen Dokumentation „Der Hamburger Aufstand Oktober 1923“ ist ein fünfminütiges Interview herausgeschnitten. Ein damals Beteiligter erzählt, wie er nachts um 5 Uhr geweckt wird. „Jetzt gehts los“. Sie stürmen eine Kaserne mit Handgranaten. „Da hinten ist es gewesen.“ Dann startet der Clip von vorne. Kaum ein Wort von Hyperinflation, Freikorps, Weltkrieg.

 Auch die angeblichen Todeszahlen werfen Fragen auf: 17 Polizisten, 24 Aufständische, 62 „unbeteiligte Zivilisten”´“. Man wundert sich, wie es sein kann, dass mehr Zivilisten als Beteiligte umkamen. Man wundert sich, was wohl die 20 % der Hamburger, die aktiv KPD wählten, während des Aufstands so machten. Stattdessen drei Fotos unter der Aufschrift: „Aufstände“. Zu sehen sind der Kapitolaufstand, die Proteste am Reichstag und Bolsonaro-Anhänger. Was damit genau gemeint sein soll? Bleibt ebenfalls unbeantwortet.

 So fällt es selbst mit Vorwissen schwer, diese Ausstellung nicht etwas verwirrter als zuvor zu verlassen. Die einzige Gewissheit: Mag der Hamburger Aufstand auch eine abenteuerliche Fehlkalkulation der damaligen Hamburger KPD gewesen sein, dem es nicht gelang, ein Funke für ganz Deutschland zu werden, viel schlechter geplant als diese Ausstellung war er auf jeden Fall nicht.

 

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