Kategorie: Ökologie

Allheilmittel Emissionshandel?

Von allen Ecken hören wir von marktorientierten Instrumenten zur Beseitigung der Klimakrise. Zu diesen zählt auch der Emissionshandel; hochgepriesen als perfektes Mittel gegen den Klimawandel steht dieser in nahezu jedem bürgerlichen Parteiprogramm. Doch was ist Emissionshandel, kann er funktionieren und wem nützt er?

Bild: public domain


Vor 16 Jahren wurde in der EU das europäische Emissionsrechtehandelssystem ETS eingeführt. Das Grundprinzip ist einfach: Die Emissionen bestimmter Industriezweige werden in Zertifikate pro Tonne verpackt und anschließend in diesen Sektoren verteilt, wo sie gehandelt werden. Am Ende eines Jahres müssen Unternehmen dann CO2-Zertifikate in Höhe ihrer tatsächlichen CO2-Emissionen nachweisen. In der EU deckt der Emissionshandel ca. 45 Prozent aller Treibhausgasemissionen und dazugehörige Industrien; beispielsweise die Metallindustrie, Chemische Industrie und Zement-/Kalkherstellung.

Funktionieren soll das System mit dem „cap & trade“-Prinzip: Auf der einen Seite soll die Höhe der Emissionen beschränkt werden, auf der anderen ein freier Handel bestehen. Ziel soll sein, die EU-CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 55% zu senken. Bis 2030 gibt es insgesamt vier sog. Handelsperioden, welche jeweils Änderungen mit sich tragen. Anfang dieses Jahres hat die letzte Periode begonnen.


Der Emissionshandel funktioniert ähnlich wie Aktienhandel und birgt ähnliche Gefahren: Spekulationsblasen. Es ist zwar so, dass die eingebundenen Industrien gezwungen sind, Zertifikate zu kaufen, dennoch schließt das die Spekulation nicht aus. Privatpersonen können diese Emissionspapiere erwerben und damit handeln, was sogar von der Politik gefordert wird. Dadurch könne laut ihnen jeder seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. 


Es gibt mittlerweile Diskussionen über einen Emissionshandel für Privatpersonen. Das Grundprinzip des sogenannten „PCT“ (Personal Carbon Trading) ist dasselbe, wie das des ETS. Einzelne Bereiche des Lebens jeder Person sollen in ein „Aktiendepot“ umgewandelt werden: z.B. Emissionen für Verkehr, Treibstoff oder Heizungen.


Dabei gerät die bürgerliche Ökonomie in eine Zwickmühle. Mindestpreis und Menge der für den Markt zugelassenen Emissionspapiere müssen festgelegt werden. Sind es zu viele, fällt der Preis so tief, dass sich kein Kapitalist die Mühe machen würde, damit zu handeln oder seine Produktion umzustellen. Sind es zu wenige, schießt der Preis in die Höhe, und nur Teile der Industrie, die es sich leisten können, dürfen Emissionen verursachen. Der Großteil könnte es sich nicht leisten. Andererseits wäre ein hoher Preisanstieg ein Lockmittel für Spekulanten, was schließlich zur extremen Unsicherheit im Preis führen würde. Doch auch wenn die Politik die „goldene Mitte“ finden würde, könnte der Emissionshandel Veränderung nicht gewährleistet.


Argumentation auf der falschen Statistik


Ähnlich wie ein Aktienrückkauf von Apple lediglich die Aktie gut ausschauen lässt, aber den Verkauf von ihren Produkten nicht weiter steigert, ist ein Preisanstieg der CO2-Zertifikate kein Maßband für Emissionen. Denn schauen wir uns die Entwicklung an, so stagnieren Emissionen, während die Preise für Zertifikate steigen. Statistiken und Aussagen dazu sind häufig undurchsichtig. So folgern bürgerliche Ökonomen aus den (langsam) sinkenden Gesamtemissionen Deutschlands bei steigenden CO2-Preisen, dass der Emissionshandel funktionieren müsse. 


Blicken wir nochmal an den Anfang: Der Emissionshandel umfasst lediglich 40 Prozent aller Treibhausgasemissionen, sowie nur einen Bruchteil der Gesamtindustrie. Demnach müssen wir uns nicht die Gesamtindustrie-/Emissionen anschauen, sondern die von den Zertifikaten betroffenen. In der Metallindustrie lagen 2015 die CO2-Emissionen bei 42,3 Tonnen. 2019 bei 38,2. Augenscheinlich hängt das mit dem sei 2015 stark steigendem CO2-Preis zusammen, denn die Emissionen sind um 4 Tonnen gefallen und der Preis pro CO2-Tonne auf rund 50 Euro gegenüber 10 Euro 2015 gestiegen.


Allerdings werden Metalle auch importiert. Die Einfuhrquote gegenüber der Produktion in der EU selbst steigt bei fast allen Metallen. 2012 betrug die Importquote bei Stahl 15 Prozent und 2019 bereits 23 Prozent. Zusammengefasst heißt das, dass der Emissionshandel, wenn überhaupt, nur einen sehr geringen Einfluss auf sein Ziel hat – trotz steigender und hoher Preise. 


Klima retten heißt Antikapitalismus


Fast jede bürgerliche Partei schreibt sich den Emissionshandel auf die Fahne. Die Grünen gehen davon aus, dass die Unternehmen bei einem Mindestpreis von 60 Euro, rechtzeitig auf eine emissionsfreie Produktion umsteigen würden. Sie behaupten, dadurch würde ein gerechter und sozialer Klimaschutz gewährleistet werden: „Die Einnahmen aus dem CO2-Preis geben wir vollständig an die Menschen zurück: als Energiegeld, das wir als Pauschale pro Kopf ausbezahlen, und als Strompreissenkung durch eine geringere EEG-Umlage“. 


Doch hier stellen sich bereits zwei Fragen: Ist ein Emissionshandel speziell für private Haushalte gerecht und wie würde das grüne Energiegeld ausschauen, schließlich soll damit der Klimaschutz „sozial“ gestaltet werden. 


Selbst wenn man sich das Grundprinzip des Emissionshandels für private Haushalte anschaut, so ist die Philosophie dahinter, dass sich lediglich reiche Personen eine große Menge CO2 leisten können und die ärmere Hälfte auf Klimaneutralität angewiesen ist. Es hört sich widersprüchlich an, weil es ja positiv ist, wenn viele Menschen das Klima schützen. Das hilft allerdings nichts, solange die Hauptverantwortlichen, d.h. die großen Konzerne, weltweit für Profit produzieren und nicht auf klimaneutrale Produktion umstellen.


Wenn wir mit immer gleichen Methoden, welche seit Jahren nicht funktionieren, das Problem angehen, werden wir keine Zeit mehr zum Handeln haben. Wir brauchen eine sozialistische Lösung des Problems.
 

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