Kategorie: Theorie

80 Jahre nach seiner Ermordung: Wir erinnern an Leo Trotzki

80 Jahre sind seit der Ermordung Leo Trotzkis vergangen. Der russische Revolutionär wurde am 20. August 1940 in seinem Exil in Coyoacan (Mexico) von einem stalinistischen Attentäter mit einem Eispickel hinterrücks auf den Kopf geschlagen, fiel ins Koma und starb am folgenden Tag. Der Kampf Trotzkis für die Sache der Arbeiterklasse und des internationalen Sozialismus und vor allem seine Ideen bleiben nach wie vor höchst aktuell.


Wer war Leo Trotzki?

Der 1879 geborene Lew Dawidowitsch Bronstein, der sich später Leo Trotzki nannte, war neben Lenin wohl der bedeutendste Marxist des 20. Jahrhunderts. Von seiner frühesten Jugend an, als er nächtelang revolutionäre Flugblätter und Broschüren produzierte und dafür im Gefängnis und sibirischen Exil landete, bis zu seiner Ermordung 1940 arbeitete er unablässig für die revolutionäre Bewegung und prägte Ideen, die auch im 21. Jahrhundert sehr wichtig sind.

In der ersten Russischen Revolution von 1905 war er mit knapp 26 Jahren bereits Vorsitzender des Petersburger Arbeiterrats. Nach der Niederlage erneut zu einer Gefängnisstrafe und zum sibirischen Exil verurteilt, entkam er schließlich ein zweites Mal und setzte seine revolutionäre Tätigkeit aus dem Exil fort. Er formulierte die Theorie der „Permanenten Revolution“ (siehe Kasten), die für den Erfolg der Revolution von 1917 entscheidend war.

Während des Ersten Weltkriegs nahm Trotzki eine konsequente internationalistische Position ein. Er war Verfasser des Zimmerwalder Manifests, das versuchte, die revolutionären Gegner des Krieges in der Arbeiterbewegung zu vereinen. In der Russischen Revolution 1917 spielte er eine führende Rolle als Organisator des Aufstands in Petrograd. In der von Lenin geleiteten ersten Revolutionsregierung war Trotzki der erste Volkskommissar des Auswärtigen und verantwortlich für die Friedensverhandlungen mit der kaiserlichen deutschen Regierung in Brest-Litowsk. Während des blutigen Bürgerkriegs und Invasionskriegs, als Sowjetrussland von 21 ausländischen Interventionsarmeen überfallen und besetzt wurde und das Überleben der Revolution auf dem Spiel stand, organisierte Trotzki die Rote Armee und führte persönlich den Kampf gegen die konterrevolutionären weißen Armeen an. Er blieb bis 1925 Kriegskommissar.

Trotzkis Rolle bei der Festigung des ersten Arbeiterstaates der Welt war nicht auf die Rote Armee beschränkt. Nach dem Sieg über die Konterrevolution war er auch für den Wiederaufbau des zerstörten Eisenbahnwesens verantwortlich. Zusammen mit Lenin spielte er eine führende Rolle beim Aufbau der Dritten Internationale (Komintern). Er verfasste Manifeste und viele der wichtigsten politischen Grundsatzpapiere für die ersten vier Weltkongresse der Komintern von 1919 bis 1922. Darüber hinaus fand Trotzki Zeit für Studien nicht nur zu politischen Fragen, sondern auch zu Kunst und Literatur (Literatur und Revolution) und ebenso zu Fragen des Alltagslebens.

Gegen die Entartung der Sowjetunion

Nach Lenins Tod im Jahre 1924 führte Trotzki einen Kampf gegen die bürokratische Entartung der Sowjetunion an. Es war ein Kampf, den Lenin bereits von seinem Sterbebett aus begonnen hatte. Trotzki befürwortete als erster die Idee der Fünfjahrespläne, die von Stalin und seinen Anhängern zunächst abgelehnt wurde. Danach verteidigte er konsequent die revolutionären, demokratischen und internationalistischen Traditionen der Oktoberrevolution von 1917.

Er allein lieferte in Büchern wie „Die verratene Revolution“, „Verteidigung des Marxismus“ und dem biografischen Werk „Stalin“ eine wissenschaftliche marxistische Analyse der bürokratischen Entartung der Russischen Revolution und eine Erklärung für den Aufstieg der stalinistischen Bürokratie. Er wurde wegen seiner Ideen in den späten 1920er Jahren zunehmend von seinen Funktionen verdrängt, aus der Partei ausgeschlossen, nach Alma-Ata (Kasachstan) verbannt und schließlich ausgebürgert und ausgewiesen. Das letzte Jahrzehnt seines Lebens verbrachte er im Exil – in der Türkei, Frankreich, Norwegen und schließlich Mexico.

Während andere vor Stalin kapitulierten, nahm er quasi im Alleingang den Kampf auf, gründete die Internationale Linke Opposition (ILO) und verteidigte den revolutionären Marxismus. Er analysierte die Sowjetunion unter Stalin als degenerierten Arbeiterstaat und Übergangsgesellschaft zwischen Kapitalismus und Sozialismus und lehnte für diesen Staat Bezeichnungen wie Staatskapitalismus, Sozialismus oder gar Kommunismus ab. Von den Errungenschaften des Oktober 1917 waren im Wesentlichen nur das Staatseigentum an Produktionsmitteln und die Planwirtschaft geblieben. Dabei ließ er offen, in welche Richtung sich dieser Staat letztlich entwickeln würde. Stalinismus war für ihn Ausdruck einer politischen Konterrevolution, die sich aus der Isolation der Russischen Revolution in einem rückständigen Land ergab und zu einem massiven Wachstum der Bürokratie in Partei und Staat führte. Stalin war der Kopf dieser politischen Konterrevolution. Er trat das revolutionäre Erbe des Oktobers mit Füßen und verfolgte die antimarxistische Idee des „Sozialismus in einem Land“.

Der Kampf zwischen ILO und dem Stalinismus war im wahrsten Sinne des Wortes ein Kampf auf Leben und Tod. Während der Säuberungen in den 1930er Jahren wurden 18 Millionen Menschen wegen erfundener Anschuldigungen verhaftet und in Arbeitslager gebracht, von denen etwa fünf Millionen aufgrund von Hunger, Krankheit oder Feuer umkamen.

Reichhaltiges theoretisches Erbe

Trotzkis Schriften aus der Zeit von 1928 bis 1940 befassten sich auch mit den unmittelbaren Problemen der internationalen Arbeiterbewegung (Chinesische Revolution, Faschismus, Spanische Revolution und Bürgerkrieg). In seinen Schriften über Deutschland vor der Machtübertragung an Hitler und die Faschisten 1933 beschrieb er den Hitlerfaschismus als kleinbürgerliche Massenbewegung und Rammbock gegen die Arbeiterbewegung im Interesse des Kapitals. Während die SPD-Führung ihre Hoffnung bei der Abwehr des Faschismus auf den bürgerlichen Staat setzte, verhinderte die stalinistische KPD-Führung mit ihrer „Sozialfaschismustheorie“ das Zustandekommen einer von Trotzki geforderten antifaschistischen Einheitsfront aller Arbeiterorganisationen. Trotzkis Schriften über den deutschen Faschismus bleiben höchst aktuell.

Stalin betrachtete die revolutionären Traditionen der Oktoberrevolution als Bedrohung für die bürokratische Herrschaft. Er mobilisierte alle Kräfte, um diejenigen zu eliminieren, die die Ideen Lenins und der Weltrevolution verteidigten und verkörperten. Alle Ressourcen des Staates wurden nun auf ein Attentat gegen Trotzki orientiert. Es dauerte nicht lange, bis Stalin mehrere Mitarbeiter Trotzkis, sieben seiner Assistenten und vier seiner Kinder ermordet hatte – zuletzt seinen Sohn Leon Sedov 1938.

Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkriegs 1939 wurden stalinistische Agenten nach Mexiko entsandt, um diese Pläne auszuführen. Der erste Angriff fand im Mai 1940 statt. Trotzkis Schlafzimmer war von Kugeln durchlöchert und Robert Sheldon Harte, Trotzkis Assistent und Leibwächter wurde entführt und ermordet. Stalin war verzweifelt bemüht, Trotzki, einen der wenigen noch lebenden alten Bolschewiki, zu eliminieren – viele Weggefährten waren auf Stalins Geheiß als Folge der Moskauer Prozesse von 1936-38 ermordet worden.

In Mexiko wurde 1937 ein unabhängiges internationales Untersuchungskomitee eingerichtet, um die Moskauer Prozesse zu untersuchen. Es prüfte alle Dokumente, Vorwürfe und Beweise, einschließlich der von Trotzki. Nach einer eingehenden Prüfung der Tatsachen erklärte das Komitee Trotzki und seinen Sohn für unschuldig.

Trotzkis Kampf war vor allem eine Verteidigung unseres revolutionären Erbes. Er kämpfte überwiegend gegen den Strom und strebte die Ausbildung neuer, junger Kader für die zukünftige Revolution an. Seine ganze Lebenszeit und Energie war diesem grundlegenden Ziel gewidmet. Mit der völligen Entartung der Zweiten (Sozialistischen) Internationale und dem Niedergang der stalinistischen Komintern (die 1943 aufgelöst wurde) war die Frage des Aufbaus einer neuen (Vierten) Internationale unter extremen Schwierigkeiten von größter Bedeutung.

In seinem Tagebuch im Exil aus dem Jahr 1935 erklärte er: „Ich glaube, daß meine gegenwärtige Arbeit, so ungenügend und fragmentarisch sie auch sein mag, die bedeutendste Leistung meines Lebens darstellt, wichtiger als meine Tätigkeit im Jahre 1917, wichtiger als die Arbeit in der Zeit des Bürgerkriegs usw […] So gesehen, kann ich nicht einmal hinsichtlich der Zeitspanne von 1917 bis 1921 von der ,Unersetzlichkeit‘ meiner Arbeit sprechen. Dagegen ist meine gegenwärtige Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes, unersetzlich‘. Dieser Gedanke enthält auch nicht eine Spur von Hochmut: der Zusammenbruch zweier Internationalen hat ein Problem entstehen lassen, zu dessen Lösung kein einziger Führer dieser Internationalen auch nur im Geringsten geeignet ist. Im Vollbesitz schwerwiegender Erfahrungen, bin ich durch die besonderen Umstände meines persönlichen Schicksals mit diesem Problem konfrontiert. Gegenwärtig gibt es niemanden außer mir, der die Aufgabe erfüllen könnte, die neue Generation mit der Kenntnis der Methode der Revolution über die Köpfe der Führer der Zweiten und Dritten Internationale hinweg auszurüsten. Und ich stimme mit Lenin (eigentlich mit Turgenjew) darin voll überein, dass es das größte Laster ist, älter als 55 zu sein. Zur Gewährleistung der Kontinuität brauche ich noch mindestens fünf Jahre ununterbrochener Arbeit.“

Die Revolution wieder auf die Tagesordnung setzen!

Nach Trotzkis tragischem Tod wurde die Vierte Internationale von ihrer unfähigen Führung zerstört, die einen Fehler nach dem anderen machte, von Prestigepolitik verzehrt wurde und sich wiederholt spaltete. Umso mehr bleibt die Aufgabe, mit den Ideen von Marx, Engels, Lenin und Trotzki die Bewegung wieder aufzubauen. Diese Aufgabe stellt sich die Internationale Marxistische Tendenz (IMT). Unser Vertrauen in die Kampfkraft der internationalen Arbeiterklasse und in die revolutionären Ideen des Marxismus ist ungebrochen. Die Weltrevolution kommt jetzt wieder auf die Tagesordnung.


Veranstaltung:

Trotzkis Ideen aktueller denn je: Internationale Veranstaltung 20. August
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