Kategorie: Bücher und Broschüren

Der Ursprung des Christentums (Karl Kautsky)

Der Sozialdemokrat Karl Kautsky veröffentlichte im Jahre 1908 eine bahnbrechende historisch-materialistische Analyse der Entstehung des Christentums. Kautsky führt uns in die Welt der antiken Gesellschaften und zeichnet deren Niedergangsprozess nach. Schritt für Schritt legt er dar, wie die Krise der damaligen Produktionsweise und der Ökonomie ihren Ausdruck fand – in einer Krise der politischen Institutionen, der gesellschaftlichen Beziehungen und des gesamten Denkens. In dieser Atmosphäre entstand das frühe Christentum als Bewegung der Unterdrückten und Ausgestoßenen.


Kautskys Ursprung des Christentums war bis 1923 insgesamt 13 Mal aufgelegt worden. In der Folge ist dieser Klassiker jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, wie wir meinen. Die materialistische Geschichtsauffassung, die Kautsky hier mit großer Fertigkeit an diesem Phänomen von welthistorischer Bedeutung anwendet, ist noch immer das beste Werkzeug für jene, die die Welt nicht nur interpretieren sondern auch verändern wollen.


Kein Stein wird auf dem andern bleiben;
alles wird niedergerissen werden. (Mt 24,2)

Karl Kautsky
Der Ursprung des Christentums - Eine historische Untersuchung

Verlag AdV
Taschenbuch, 436 Seiten
ISBN 978-3-9502191-6-6
€19,90, SFr. 28,00

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Vorwort der Herausgeber

Mit Karl Kautskys Ursprung des Christentums legen wir in unserer Schriftenreihe Aufstand der Vernunft einen Klassiker der marxistischen Geschichtsschreibung neu auf.

Kautsky führt uns mit seiner historischen Untersuchung in die Welt der antiken Gesellschaften und zeichnet deren Niedergangsprozess nach. Schritt für Schritt legt er dar, wie die Krise der damaligen Produktionsweise und der Ökonomie ihren Ausdruck in einer Krise aller politischen Institutionen und gesellschaftlichen Beziehungen sowie des damaligen Denkens, der vorherrschenden Weltanschauungen und religiösen Ansichten fand. Die Parallelen der gegenwärtigen Krise des Weltkapitalismus zum Untergang des römischen Reiches sind augenscheinlich. Kautskys Arbeit ermöglicht einen tieferen Einblick in die Prozesse, die sich im Zuge einer solchen organischen Systemkrise entfalten. Der Ursprung des Christentums ist somit weit mehr als nur von historischem Interesse. Das Buch gibt uns eine Methode in die Hand, auch die heutige Krise, die alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst, einer materialistischen Analyse zu unterziehen.

Das Buch erschien erstmals 1908 im Dietz-Verlag und stellte dereinst den Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Urchristentums in der frühen Sozialdemokratie dar. Anknüpfend an die Evangelienkritik Gotthold Ephraim Lessings und die Forschungsarbeit von Bruno Bauer, der als Erster versuchte, das Entstehen des Christentums als Produkt der griechisch-römischen sowie der jüdischen Welt zu erklären, hatte bereits Friedrich Engels mehrere wichtige Arbeiten zur Geschichte des Urchristentums vom Standpunkt des Wissenschaftlichen Sozialismus vorgelegt. Diese Debatten und das Entstehen einer immer stärker und selbstbewusster auftretenden Arbeiterbewegung wurden zu Recht als Bedrohung für die Herrschaft der Kirche gesehen.

Die Theologie im Deutschland des 19. Jahrhunderts sah daher ihre vorrangige Aufgabe darin, »dem Volk die Religion zu erhalten«. Aus diesem Motiv heraus versuchte etwa Adolf Harnack, der bedeutendste Theologe und Kirchenhistoriker seiner Zeit, eine Neubewertung der Person Jesus, aus dem er einen sozialliberalen Reformer machte und der allen Teilen der Gesellschaft gerecht werde. Andere Richtungen – verkörpert durch den Reformtheologen Albert Kalthoff oder Otto Pfleiderer – gingen einen Schritt weiter, begnügten sich nicht mit Bibelkritik, sondern suchten auch nach den soziologischen Ursachen für das Entstehen des Christentums.

Franz Mehring schrieb in seiner Rezension von Ursprung des Christentums im Feuilleton der Neuen Zeit über diese Theologen: »Ihnen allen fehlt die wissenschaftliche Methode, die Kautsky besitzt, der an seinem Teil nicht beanspruchen kann und natürlich auch nicht beansprucht, an Beschlagenheit in den alten Kirchenvätern mit Harnack oder Pfleiderer einen erfolgreichen Wettkampf zu unternehmen.« Doch gestützt auf die Methode des historischen Materialismus kam Karl Kautsky zu Ergebnissen, die die Geschichte der antiken Welt und speziell des Urchristentums in völlig neuem Licht zeigten. Die Darstellung der Entwicklung der römischen Welt und noch mehr des Judentums, dessen Geschichte noch viel unbekannter ist als jene des Imperium Romanum, zeigt, welchen Fortschritt der historische Materialismus in der Erkenntnis geschichtlicher Zusammenhänge möglich machte. Kautsky, der Anfang des 20. Jahrhunderts als der »Papst der Zweiten Internationale« galt, legte mit diesem Buch ein zentrales Werk der marxistischen Geschichtsschreibung vor, dessen Erkenntnisse über die antike Welt und die Herausbildung der urchristlichen Gemeinde damals revolutionär waren. Der Ursprung des Christentums erschüttert alle herkömmlichen Bilder von der römischen Weltmacht, dem Judentum und der urchristlichen Gemeinde.

Das Buch wurde in der Folge sehr positiv in der Arbeiterbewegung aufgenommen. In allen wichtigen sozialdemokratischen Presseorganen erschienen Rezensionen. Max Adler fasste in seiner Rezension des Buches in der austro-marxistischen Theoriezeitschrift Der Kampf Kautskys Leistungen in Bezug auf dieses Thema folgendermaßen zusammen: 1) lieferte er eine ökonomische Analyse für den Niedergang der antiken Hochkulturen, auf deren Trümmern das Christentum entstehen konnte; 2) zeigte er, unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen die christliche Messiasidee dem Streben der Armen und Entrechteten einen Ausdruck gab und wie auf diese Weise eine neue Weltreligion entstehen konnte und 3) wies er nach, »daß das Christentum, welches zur Weltherrschaft gelangte, schon in der ersten Zeit etwas ganz anderes war, als jenes, das auf Golgatha litt«.

Dass Kautskys Werk, das laut Mehring den »revolutionären Geist« der damaligen Sozialdemokratie verkörperte, bei seinem Erscheinen gerade deshalb von den Vertretern der herrschenden Ordnung als Kriegserklärung angesehen wurde, zeigt folgende Buchbesprechung aus der Arbeiterinnen-Zeitung, die von der proletarischen Frauenbewegung in Österreich herausgegeben wurde.

Sie empfahl ihren LeserInnen dieses Buch kurz nach seinem Ersterscheinen mit folgenden Worten:

»Ursprung des Christentums – So lautet der Titel eines Buches, dessen erste Seiten kürzlich von einem Staatsanwalt in Böhmen konfisziert worden sind. Warum? Weil sie an dem Dogma der kirchlichen Überlieferungen rütteln, ja, weil nachgewiesen wird, daß gar vieles von dem, was uns die Vertreter der Religion als erwiesen und wahr erzählen, eben nicht wahr ist.
Die Darstellung ist fesselnd und spannend und nur schwer entschließt man sich, die Lektüre zu unterbrechen.
Freilich wird manche festsitzende Meinung zerstört werden. (...) Zum höchsten Grad fesselnd sind die Abschnitte über das römische Kaiserreich und über die Geschichte des Judentums. Möge keine Arbeiterin zögern, nach dem Buch zu greifen, wenn sie dazu Gelegenheit hat, es wird ihr Stunden der höchsten Anregung bringen.«

So darf es auch nicht verwundern, dass prompt auch diese Ausgabe der Arbeiterinnen-Zeitung »im Namen seiner Majestät des Kaisers« konfisziert wurde, weil mit dem zitierten Artikel »Gott gelästert« worden sei. Die politische Macht der katholischen Kirche ist heute unvergleichlich schwächer, wodurch wir uns bei der Neuauflage dieses Werks ähnliche Repressalien wohl ersparen werden.

Kautskys Ursprung des Christentums war bis 1923 insgesamt 13 Mal aufgelegt worden. In der Folge ist dieser Klassiker jedoch weitgehend in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, wie wir meinen. Die materialistische Geschichtsauffassung, die Kautsky hier mit großer Fertigkeit an diesem Phänomen von welthistorischer Bedeutung anwendet, ist noch immer das beste Werkzeug für jene, die die Welt nicht nur interpretieren, sondern auch verändern wollen. Die revolutionäre Begeisterung des Urchristentums soll ihnen für diese Aufgabe die nötige Inspiration geben.

Oktober 2011
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Inhalt

Vorwort zur deutschen Neuauflage (von Alan Woods)

Vorwort (von Karl Kautsky)

I. Die Persönlichkeit Jesu
1. Die heidnischen Quellen
2. Die christlichen Quellen
3. Der Kampf um das Jesusbild

II. Die Gesellschaft der römischen Kaiserzeit
1. Die Sklavenwirtschaft

a. Der Grundbesitz
b. Die Haussklaverei
c. Die Sklaverei in der Warenproduktion
d. Die technische Rückständigkeit der Sklavenwirtschaft
e. Der ökonomische Niedergang

2. Das Staatswesen

a. Staat und Handel
b. Patrizier und Plebejer
c. Der römische Staat
d. Der Wucher
e. Der Absolutismus

3. Denken und Empfinden der römischen Kaiserzeit

a. Haltlosigkeit
b. Die Leichtgläubigkeit
c. Lügenhaftigkeit
d. Menschlichkeit
e. Die Internationalität
f. Religiosität
g. Monotheismus


III. Das Judentum
1. Israel

a. Semitische Völkerwanderungen
b. Palästina
c. Die Gottesvorstellung im alten Israel
d. Handel und Philosophie
e. Handel und Nationalität
f. Die Völkerstraße Kanaan
g. Klassenkämpfe in Israel
h. Der Untergang Israels
i. Die erste Zerstörung Jerusalems

2. Das Judentum seit dem Exil

a. Das Exil
b. Die jüdische Diaspora
c. Die jüdische Propaganda
d. Der Judenhaß
e. Jerusalem
f. Die Sadduzäer
g. Die Pharisäer
h. Die Zeloten
i. Die Essener


IV. Die Anfänge des Christentums
1. Die urchristliche Gemeinde

a. Der proletarische Charakter der Gemeinde
b. Klassenhaß
c. Kommunismus
d. Einwände gegen den Kommunismus
e. Die Verachtung der Arbeit
f. Die Zerstörung der Familie

2. Die christliche Messiasidee

a. Das Kommen des Reiches Gottes
b. Die Abstammung Jesu
c. Das Rebellentum Jesu
d. Die Auferstehung des Gekreuzigten
e. Der internationale Erlöser

3. Judenchristen und Heidenchristen

a. Die Agitation unter den Heiden
b. Der Gegensatz zwischen Juden und Christen

4. Passionsgeschichte Christi
5. Die Entwicklung der Gemeindeorganisation

a. Proletarier und Sklaven
b. Der Niedergang des Kommunismus
c. Apostel, Propheten und Lehrer
d. Der Bischof
e. Das Klosterwesen

6. Christentum und Sozialdemokratie

Leben und Werk von Karl Kautsky (von Gernot Trausmuth)

Anhang
Ortsregister
Namensregister
Sachregister

 

 

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