Alles deutet darauf hin, dass die entwickelten kapitalistischen Länder auf eine Rezession zusteuern. Während viele "Wirtschaftsexperten" noch vor einigen Wochen zu beschwichtigen versuchten, scheint die Rezession mittlerweile gewiss zu sein. Es ist nur noch eine Frage, wie tief und wie lange sie sein wird. Merrill Lynch sieht die US-Ökonomie sogar schon mitten in der Rezession. Wir möchten in diesem Zusammenhang auf unseren Perspektivenartikel zur Entwicklung der Weltwirtschaft vom vergangenen Sommer hinweisen, wo wir diese Krise vorausgesagt haben.
Das deutsche Kapital hat sich 2007 im verschärften internationalen Konkurrenzkampf behauptet. Die deutschen Großkonzerne können auf das vierte Rekordgewinnjahr in Folge zurückblicken. Während der Nettogewinn der 30 größten, im Deutschen Aktienindex (Dax) gelisteten Unternehmen 2007 um knapp 15 Prozent wuchs, erreichen die europäischen und US-amerikanischen Konkurrenten allenfalls halb so große Werte. Insgesamt erhöhten die Dax-Konzerne ihre Gewinne binnen fünf Jahren um mehr als 60 Prozent - das schaffte kein anderes Industrieland. Den Aktionären der Dax-Unternehmen winkt eine Rekorddividende von 27,7 Milliarden Euro, vier Milliarden Euro mehr als 2006.
Zunehmend begründen Befürworter eines Börsengangs der Deutschen Bahn (DB) ihr Privatisierungsprojekt mit einem einzigen Argument: Die DB könne nur überleben, wenn sie ihre Vormachtsstellung als „Global Player“ ausbaue und überall Logistikunternehmen erwerbe. Dazu brauche sie „frisches Kapital“, das der Staat nicht aufbringen könne.
Diesen Gedanken bekräftigte SPD-Chef Kurt Beck am Wochenende in der "Frankfurter Rundschau". Auch der vom Privatisierungskritiker zum Verfechter von „Volksaktien“ mutierte Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer hat dies geschluckt.
In den vergangenen Wochen wurden die internationalen Finanz- märkte von schlechten Nachrichten aus dem US-Immobiliensektor erschüttert. Es war das Vorbeben zum vielleicht größten Wirt- schaftseinbruch in der Geschichte des Kapitalismus. Marx schrieb im „Kapital“, dass der Kredit den Markt über seine natürlichen Grenzen hinaus erweitern kann. In der Krise würde der Kredit aber alle Widersprüche, die er zunächst zu überdecken half, verschärfen. Sobald ein Wirtschaftssektor in Schwierigkeiten kommt, breiten sich diese schneller auf andere aus. Firmen oder Haushalte können auf einmal ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen.
In den letzten Tagen ist es an den Aktienbörsen weltweit zu Kursstürzen gekommen. Es schien so, als ob alles in China angefangen habe. Die Regierung in Peking deutete an, dass Spekulationen an der Schanghaier Börse außer Kontrolle geraten würden und die Regierung sich gezwungen sehe, eine Sondersteuer auf Kapitalgewinne einzuführen. Das hatte einen Kursverfall von 10%, dem größten seit zehn Jahren, zur Folge.
Der zweitreichste Man der Welt, der Investor Warren Buffett, machte mit seinem Plan, 31 Milliarden Dollar seines auf 44 Milliarden Dollar beziffernden Vermögens für Wohltätigkeitszwecke zu spenden, Schlagzeilen. Der Hauptnutznießer wird der reichste Mensch der Welt sein: Bill Gates, der das Geld seiner Bill & Melinda-Stiftung übertragen will. Obwohl sein Vermögen durch diese Schenkung nicht bedeutend wachsen wird, ist die Gates-Stiftung in der Lage 3 Milliarden Dollar jährlich zu spenden. Die Stiftung wird dann die weltgrößte Wohltätigkeitsorganisation sein.
Die Weltwirtschaft ist so verflochten wie nie. Dem großen US-Außenhandelsdefizit stehen nie da gewesen hohe finanziellen Zuflüsse gegenüber. Der gegenwärtige private und öffentliche Konsum der USA sowie die Rüstungsaufgaben werden auf Kredit finanziert. Beunruhigend? Nicht für gewisse Ökonomen, die darin ein neues Zeitalter erkennen wollen. Michael Roberts von unserer britischen Schwesterzeitschrift "Socialist Appeal" analysiert.
Der Staat ist in allen wichtigen Industrieländern trotz verzweifelter Einsparungsmaßnahmen überschuldet. In Deutschland entspricht die Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte knapp zwei Dritteln (64%) des jährlichen Bruttoinlandsproduktes (2004 = 2.200 Mrd. Euro). Das Finanzdesaster erfordere nun eine eiserne Sparpolitik, die nicht ohne „Heulen und Zähneklappern“ bewerkstelligt werden könne, so der hessische CDU-Ministerpräsident Koch. Arbeitgeberpräsident Hundt fordert die Politik ebenfalls zu einem drastischen Sparkurs auf: „Die Sanierung der Staatsfinanzen hat absolute Priorität.“ Dementsprechend hat sich die neue Bundesregierung das „Sanieren“ auf die Fahnen geschrieben und erste massive Ausgabenkürzungen beschlossen.
Wenn über den Haushalt oder Haushaltspolitik diskutiert wird, geht es in erster Linie um Umverteilungseffekte. In diesem Artikel soll es mehr um jene Institution gehen, die die Haushaltserstellung bzw. die gesamte Finanzaufbringung erst möglich macht - um den Staat. Die zentralen Fragen dabei sind: "Wie handelt er?" und "Wieso handelt er wie er handelt?"