Koalitionsverträge sind erst einmal Papier voller Absichtserklärungen der beteiligten Parteien. Die von CDU, CSU und SPD vorgelegten 184 Seiten sind voller fauler Kompromisse und verheißen bis auf wenige Bonbons insgesamt keinen fortschrittlichen Politikwechsel und keine Verbesserung des Lebensverhältnisse, sondern ein „Weiter So“ mit Kanzlerin Merkel. Es ist ein Vertrag der Superlative, der 130 Prüfaufträge, 484 mal das Wort „wollen“, 109 mal das Wort „sollen“ und 15 mal „sollte“ enthält.
Ein Signal zog sich wie ein Roter Faden durch den SPD-Bundesparteitag, der am Samstag in Leipzig zu Ende gegangen ist: Die schwere Niederlage der SPD bei der jüngsten Bundestagswahl wirkt nach. Und ob die SPD-Mitglieder bei der kommenden Urabstimmung im Dezember tatsächlich „Ja“ zur geplanten Großen Koalition sagen werden, ist noch völlig unsicher.
Im Dezember sollen die SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD entscheiden. Viele Mitglieder lehnen eine Große Koalition ab. Ein SPD-Mitglied kommentiert die aktuelle Lage.
Hinein in die Große Koalition, natürlich nur “aus Verantwortung”, im Leben nicht um schnöder Ministerposten willen, oder aber festhalten am Wahlprogramm, für das die Basis monatelang gekämpft hat, an Infoständen, bei Hausbesuchen und und und?
Dass Kurt Beck bereits seit Juni als „Berater“ und Lobbyist für den wegen Pharmaskandalen und des Vorwurfs fahrlässiger Tötung in das Rampenlicht geratenen Weltkonzern Boehringer Ingelheim tätig ist, hat am Wochenende viele SPD-Anhänger weit über Rheinland-Pfalz hinaus verwundert. Über Jahrzehnte polierte der langjährige Mainzer Ministerpräsident und zeitweilige SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck sorgsam an seinem Image als Garant für Bodenhaftung und Verwurzelung bei den „kleinen Leuten“.
Auch wenn viele SPD-Mitglieder nicht damit einverstanden sind, strebt die SPD-Führung nun eiligst eine „Große Koalition“ mit der CDU/CSU an. Dass die Parteispitze jetzt hierzu eine Urabstimmung der Mitglieder zugestehen muss, ist ein Hinweis darauf, wie sehr es im Kessel brodelt.
Dass die zurückliegende Bundestagswahl und die Landtagswahl in Hessen mehr Fragen als Antworten gegeben und die innenpolitischen Verhältnisse „durcheinandergewirbelt“ haben, zeigen konkrete Wahlergebnise (siehe Tabellen) und politische Reaktionen in den letzten Tagen.
Schwarz-Gelb ist abgewählt. Dies gehört zu den hervorstechendsten und erfreulichsten Ergebnissen der Bundestagswahl vom 22. September 2013. Viele ArbeiterInnen und Jugendliche, GewerkschafterInnen und Linke haben sich am Wahlabend riesig darüber gefreut, dass die FDP mit nur noch 4,8 Prozent der Zweitstimmen nicht mehr im Bundestag sitzt. Damit ist die kleine Partei des großen Geldes, die Interessenvertretung der Eliten und des obersten Prozents der Bevölkerung erstmals nicht mehr im Parlament vertreten und steckt nun im Überlebenskampf.
Die Landtagswahl in Bayern am 15. September war der letzte Urnengang vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag. Welche Signale gehen von dieser Wahl aus?
“In Bayern ticken die Uhren anders”, tönt es aus vielen Mündern. Diese platte Aussage stimmt und stimmt auch nicht. In Bayern war immerhin ein Sechstel aller Wahlberechtigten der Republik zur Stimmabgabe aufgerufen – in ländlichen, abgelegenen und “strukturschwachen” Regionen ebenso wie in den Metropolen München und Nürnberg.
Jahreszeitlich bedingtes Chaos und Störungen im Betriebsablauf sind bei der seit knapp 20 Jahren auf einen Börsengang getrimmten Deutschen Bahn AG mittlerweile leider fast schon zur Tradition geworden. Doch in diesen Wochen sind es nicht defekte Klimaanlagen und auch nicht „höhere Gewalt“ in Form von Überschwemmungen oder Gewitterstürmen.